Emotionales Gespräch:
Boris Becker gibt sein erstes TV-Interview nach dem Gefängnisaufenthalt
Nach acht Monaten im britischen Gefängnis ist Boris Becker zurück auf deutschem Boden und zögerte nicht lange, sein erstes TV-Interview zu geben. Darin sprach er über die schwierige Zeit hinter Gittern, seine Familie und gestand erstmals seine Schuld ein.
Im April war Boris Becker in London wegen Insolvenzverschleppung zu zweieinhalb Jahren Gefängnis ohne Bewährung verurteilt worden. Nach acht Monaten wurde er am 15. Dezember aus der Haft entlassen und reiste nach Deutschland, wo er fünf Tage später Steven Gätjen für ein Sat.1-Interview Rede und Antwort stand.
Boris Becker ist „etwas demütiger“ – und etwas schlanker
Erstmals hat die Tennis-Ikone in diesem Gespräch seine Schuld eingestanden. „Natürlich war ich schuldig“, sagte Boris Becker gleich zu Beginn des Interviews. Gerade mangelndes Schuldbewusstsein war ihm allerdings von der Richterin vorgeworfen worden. „Vielleicht habe ich nicht genügend Reue gezeigt im Zeugenstand. Im Nachhinein ist man immer schlauer.“
Heute, nach acht Monaten Gefängnis, ist er sichtbar schlanker. Zum ersten Mal in seinem Leben habe er erfahren, wie es ist, hungrig ins Bett zu geben. Auch auf Alkohol habe er verzichtet, obwohl man im Gefängnis alles bekommen könne. Er sei der gleiche Mensch, nur „vielleicht etwas schlauer, etwas demütiger“. Dies vergisst man, wenn er von der Jury spricht („Die wussten gar nicht, wer Boris Becker, der Tennisspieler, war“), doch als es um das Leben im Gefängnis geht, kommt die wahre Substanz des Interviews zum Vorschein.
Emotionaler Becker: Immer wieder kommen ihm die Tränen
Oft musste Boris Becker dabei innehalten, als ihm Tränen in die Augen schießen – als es um die Verabschiedung von seiner Familie ging, um Unterstützung von Freunden außerhalb der Gefängnismauern oder um die Gefahren, denen er sich im britischen Knast konfrontiert sah.
Einige Sorgen, die er vorab nur aus Filmen kannte – was passiert in der Dusche wohl, wenn die Seife runterfällt? – erwiesen sich dabei als unbegründet. Doch andere Situationen seien durchaus brenzlig gewesen. Insassen mit dem Ruf, Geld zu haben, würden oft erpresst werden, was auch ihm passiert sei. Becker berichtete von einem besonders kritischen Fall „mit einem Häftling, der wollte mich umbringen“. Neid sei sein Motiv gewesen, wie Becker vermutet: Der Mann saß bereits seit 16 Jahren im Knast. Nur die Unterstützung anderer Häftlinge habe dies verhindern können.
Erneut kamen dem ehemaligen Tennis-Profi die Tränen, als er von der Versöhnung mit dem Mann spricht, der sich bei ihm entschuldigt hätte. Er habe den Mann daraufhin umarmt und ihm beteuert, dass er großen Respekt vor ihm habe.
Unterstützung inner- und außerhalb der Mauern
Überhaupt habe es unter den Gefangenen ungeahnte Solidarität gegeben. Zu seinem Geburtstag habe er von ihnen drei Kuchen erhalten, den sie von ihren kargen Mitteln hinter Gittern besorgt hätten. So etwas habe er selbst in Freiheit nie erfahren. „Wir haben uns so gebraucht“, erklärte Becker. „Ich glaube, dass ich mit einigen Häftlingen ewig verbunden bleibe. Wenn man gemeinsam ums Überleben gekämpft hat, das schweißt zusammen.“
Auch von Freunden habe er rührende Unterstützung erhalten. Besuche seien zwar schwierig gewesen: Er berichtet von Kumpanen wie Johannes B. Kerner oder Jürgen Klopp, die ihn besuchten wollten, dies aus Sicherheitsgründen jedoch nicht konnten. Bekannte oder gut betuchte Besucher seien selbst im Besucherraum gefährdet, wie Becker meinte.
Dafür habe es viel Post gegeben – nicht nur von Fans, Freunden und früheren Kumpels der Tennis-Toure wie Eric Jelen oder Patrick Kühnen, sondern auch von einem ehemaligen Rivalen: Michael Stich habe ihm einen dreiseitigen Brief geschickt, wie Becker unter Tränen offenbart.
Blick in die Zukunft: Bleibt Boris Becker in Deutschland?
Er sei jetzt „ein freier Mann“, wie Becker erklärt – eine Tatsache, die auch sein Anwalt zuvor betont hatte: In Deutschland muss der 55-Jährige keine strafrechtlichen Restriktionen befürchten. Ob er wirklich in Deutschland – oder überhaupt in Europa – bleibt, bezweifelt Boris Becker, da er seine Privatsphäre schätze.
Wie es dann für ihn weitergeht, hält er offen: „Ich habe Ideen, aber ich bin vorsichtig geworden mit meinen Aussagen in Sachen Zukunft.“ Nur so viel: Mit 55 Jahren hoffe er auf weitere 25 Jahre mit seiner großen Liebe Lilian, mit der er auf „ein paar“ weitere Kinder hoffe. Arbeiten würde er auch, was seine finanzielle Lage ohnehin notwendig macht. Man darf also davon ausgehen, dass Boris Becker weiterhin im Licht der Öffentlichkeit bleibt.
Wie stark sein Stern dann noch strahlt, wird sich zeigen. Für Sat.1 hat sich das Interview mit einer Einschaltquote von 1,55 Millionen Zuschauer:innen (5,8 Prozent Marktanteil) als enttäuschend erwiesen, wie der Branchendienst DWDL berichtet. Zumindest zeitweise war die Quote jedoch stärker: Die Nettoreichweite betrug bis zu 5,2 Millionen Menschen.
Wer sind die Macherinnen und Macher, die 2024 prägen? ... Hier findest Du die W&V 100 Köpfe 2024.
Was passiert gerade in Media und Social Media? Das wichtigste Thema der Woche wird ab sofort im kostenlosen Newsletter W&V Media Mittwoch analysiert und eingeordnet. Plus: eine Auswahl der spannendsten aktuellen Ereignisse der Branche. Hier geht's zur Anmeldung>>>
Du willst die schnelle News-Übersicht am Morgen? Starte mit dem W&V Morgenpost-Newsletter bestens informiert in den Tag. Melde dich hier an.