Warum? Vor allem weil Micolino laut Gesetzgebung nun darf. Seit wenigen Tagen dürfen Hausgrillen nach EU Recht in Lebensmitteln verwendet werden. Die knusprigen Krabbeltierchen dürfen nun gefroren, getrocknet oder als Pulver verwendet werden, ebenso wie die Larven des Getreideschimmelkäfers. Ähnliche Regeln gibt es bereits für Wanderheuschrecken und Larven des Mehlkäfers.

Reich an Proteinen…

Insekten gelten als nahrhaft und reich an Proteinen, sie zählen in vielen Ländern zur gewöhnlichen Küche. Die Verbraucherzentrale Hamburg spricht bislang von einem ganz kleinen Nischenmarkt. Aber Insekten können zu einer nachhaltigen Ernährung beitragen, da sie verhältnismäßig ressourcenschonend gezüchtet werden können. "Das wird eine große Rolle spielen in der Ernährung der Menschheit in Zukunft", meint Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne).

Micolino behauptet, er führe die erste deutsche Eisdiele mit Insekten-Eis, überprüfen lässt sich das nur schwer. In München wirbt ein Eismacher nun mit proteinreichem "Buffalowurmeis". "Mit Ekel zu werben weckt Neugier", meint Benedikt Jahnke, Experte für Lebensmittelmarketing an der Universität Kassel. Es gebe eine gewisse Konsumentengruppe, die darauf anspringe, sogenannte "sensation seeker", denen schnell langweilig werde. Da Micolino immer wieder neue Kreationen anbiete, sei die Strategie konsistent, sagt der Forscher. "Er nimmt auf, was gerade gesellschaftlich kontrovers diskutiert wird, und wandelt es um in eine interessante Aktion."
Zu den Sensationssuchern gehört wohl auch Eismacher Micolino. Ihn habe einfach die Lust am Experimentieren getrieben. Er habe selbst schon Insekten im Urlaub probiert, auch Schlange und Krokodil, berichtet er. "Mir wird langweilig, wenn ich immer dasselbe mache." Monatelang hat er in seiner kleinen Eisfabrik im Hinterzimmer herumprobiert, an der richtigen Komposition mit dem Krabbeltier gearbeitet, den Geschmack verfeinert. Er bezieht die Grillen aus einer Zucht aus der Region, kocht das Pulver extra nochmal ab bei 90 Grad. Um vier Kilo Eis herzustellen, braucht er 200 Gramm Heimchen-Mehl, dazu unter anderem Sahne, Zucker, Milch, Vanille, Cookies und Wildhonig aus dem Schwarzwald.

Aber natürlich freut sich der Eisverkäufer über die Aufmerksamkeit für seinen kleinen Laden. Nach einem Instagram-Post über das Insekten-Eis meldete sich die örtliche Zeitung, seitdem geben sich die Journalisten die Klinke in die Hand. Eigentlich wollte er sein Insekten-Milcheis nur ein paar Tage anbieten, aber nun verlängert er aufgrund des Andrangs die Aktion.

Zwischen Neugierde und Ekel 

Die Kunden schwanken zwischen Neugierde und Ekel. Ein älterer Herr spaziert in die Eisdiele, er stellt sich als Micolinos Nachbar vor. "Ich habe draußen zwei tote Mäuse gefunden", ruft er und grinst. "Wollen wir auch Eis daraus machen?" Er selbst esse ja lieber Schnitzel und Spätzle, sagt er. Aber Mut habe der Micolino schon.

Viele Kunden wollen zumindest einmal probieren. "Sonst kann ich nicht mitreden", sagt einer, der gerade genüsslich eine Portion Grillen-Eis aus der Waffel schleckt. Ins Dschungelcamp würde er zwar nicht gehen, aber so ein wenig Insekten-Eis finde er nicht eklig. "Solange mich keine Augen dabei angucken", sagt er. Nussig schmecke es. "Haferflockig, etwas bitter", urteilt ein weiterer Kunde.

Bislang sei niemand, der probiert habe, enttäuscht gewesen, berichtet Micolino. Aber die Reaktion fällt bei Weitem nicht nur positiv aus. In den sozialen Medien haben empörte Follower ihm die Kundschaft aufgekündigt. Er präsentiert auf seinem Handy eine Wut-Mail. "Müssen Sie jeden Sch... mitmachen?", schreibt ihm da einer. Der Eisverkäufer kann das nicht verstehen, schließlich zwinge er die Menschen ja nicht dazu, sagt er. "Das ist nur eine Kopfsache." Jeder, der dagegen sei, solle vorbeikommen und probieren. Thomas Micolino lockt seine Kunden sogar mit einem Angebot: Jeder, der eine Kugel Insekten-Eis bestellt, bekommt eine zweite Kugel seiner Wahl spendiert. (Nico Pointner, dpa)

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