Worauf legen Sie heute Wert?

Heute entscheide ich bei Einstellungen konsequent wertebasiert. Ich habe sehr hohe Ansprüche an die Qualität unserer Arbeit und challenge meine Mitarbeiter sehr viel mehr als früher. Wir versprechen Schnelligkeit und Exzellenz. Das erfordert die Fähigkeit, unter Zeitdruck sauber zu arbeiten. Während ich früher eher schnell und oftmals auch aus einem kurzfristigen Bedarf heraus zugesagt habe, nehme ich mir heute Zeit für die Rekrutierung und warte auch nicht mehr all zu lang, bis ich mich von Mitarbeitern*innen trenne, mit denen es nicht funktioniert. Fehler machen darf jeder. Wenn aber dieselben Fehler immer und immer wieder vorkommen, ist dies meistens ein Zeichen für einen grundsätzlichen Wertekonflikt und da ziehe ich mittlerweile konsequent und schnell die Reißleine.

Im Alltagsstress auf das Mitarbeiterwohl und ein gutes Miteinander zu achten, ist nicht einfach. Haben Sie ein paar Tipps, wie Sie Ihre Laune und die der anderen ankurbeln?

Ich bin grundsätzlich ein positiver Mensch und habe wie alle im Team viel Spaß an der Arbeit. Ich stelle zwar hohe Anforderungen an meine Mitarbeiter und übe auch öfter mal konstruktive Kritik. Dafür lobe ich auf der anderen Seite aber auch viel und ausgiebig. Wenn ich begeistert bin von einem Ergebnis, bin ich es laut und mit viel Tamtam.  

Ich nehme in der Regel keine auswärtigen Lunch-Termine wahr, sodass wir meistens alle zusammen im Büro essen. Das ist unsere persönliche Quality Time. Da geht es dann weniger um den Job, sondern auch darum, wie es uns privat geht. Auch das hebt die Stimmung. Wir zusammen kriegen auch die schlimmsten Tinder-Erfahrungen meiner Juniors so parodiert, dass sie am Ende selbst drüber lachen können. In diesen Momenten bin ich nicht die CEO von D-Level, sondern einfach nur Katharina. Das ist etwas, was auch mir sehr guttut und uns alle enger zusammenbringt.

Einmal im Jahr fahren wir als Team ins Off-Site. Das ist halb Strategie, halb Freizeit und Team-Building. Wenn dieses Interview veröffentlicht wird, sind wir gerade alle zusammen in Athen in einer wunderschönen Villa und genießen abends den griechischen Wein.

Diese Inhalte stehen leider nicht mehr zur Verfügung.

Was haben Sie in den 10 Jahren über sich gelernt? Wie leicht oder schwer fiel es Ihnen, sich von der Kollegin zur Chefin zu entwickeln?

Das Private vom Business zu trennen, ist mir sehr schwergefallen. Mit meiner ersten Mitarbeiterin bin ich noch nach Feierabend ein Bier trinken gegangen. Als meine zweite Mitarbeiterin kam, sind die beiden abends zusammen ausgegangen - ich war ab da raus. Ein völlig natürlicher Prozess, aber für mich damals trotzdem schwierig. Nach zehn Jahren als CEO ist das völlig normal geworden, auch wenn ich mir immer wieder Zeit nehme, mit meinen Mitarbeitern abends Essen zu gehen. Aber auch das hat eher einen professionellen Hintergrund.

Während ich früher sehr impulsiv reagiert habe, habe ich mich heute im Griff. Ich war noch sehr jung bei meiner Gründung, noch dazu Solo-Entrepreneur. Daher hat es einen Coach gebraucht, um das Prinzip des "Smart Ego" zu verinnerlichen. Es geht darum, was das Beste für die Company ist, nicht darum, was das Beste für Katharina Wolff ist. Das ist nicht immer zwingend ein und dasselbe!

Sie haben es sich zum Ziel gesetzt, nach Werten zu führen, und das auch gegenüber Kunden und Mitarbeitern zu vertreten. Welche Werte haben sich im Laufe der Zeit als die wichtigsten herausgestellt?

Zuverlässigkeit, Genauigkeit, Ehrlichkeit und der Wille, ständig lernen zu wollen. Ich kann Schwächen in Sachen Genauigkeit beispielsweise bis zu dem Grad tolerieren, als dass ich den Willen und das Bemühen sehe, sich darin zu verbessern. Außerdem suche ich immer nach Leuten, die richtig Lust haben, einen Unterschied zu machen und etwas zu erreichen. Ich brauche keine Mitarbeiter, die alles nur ergeben abnicken, was ich tue. Ich brauche Querdenker, die mit mir diskutieren und wenn nötig, auch mal streiten. Die für ihre Überzeugungen einstehen und diese durchsetzen wollen. Solche Leute machen mich und D-Level besser.

Sie riskieren sogar, einen Kunden deswegen abzulehnen. Was wären typischen Verhaltensweisen, die Sie missbilligen?

Mit Kunden, die meine Kollegen respektlos oder unfair behandeln, möchte ich nicht arbeiten. Für mich funktioniert eine professionelle Partnerschaft ausschließlich auf Augenhöhe. Ist das nicht gegeben, beenden wir konsequent die Geschäftsbeziehungen. Das kommt allerdings zum Glück ausgesprochen selten vor.


Mehr zum Thema "Purpose: Über den Sinn und Zweck einer Marke" lesen Sie in W&V 1/2020. Sichern Sie sich hier Ihr persönliches Exemplar zum Vorzugspreis.


Ein weiteres No-go – Preisdrückerei. Haben Sie es schon mal erlebt, Ihre Arbeit unter Wert verkauft zu haben?

Natürlich, gerade am Anfang war ich Meisterin darin, mich selbst runter zu verhandeln. Ich war neu am Markt und wollte jeden Kunden, um mir eine Reputation aufzubauen. Es fällt mir auch jetzt manchmal noch schwer, ein Geschäft liegenzulassen. Allerdings sind wir heute mehr denn je unser Geld wert. "The Power of No"“ haben wir uns erarbeitet und wertet uns mehr auf, als dass es uns nimmt, auch wenn wir dadurch den ein oder anderen Kunden verlieren.

Welchen Tipp hätten Sie heute für die Katharina von vor 10 Jahren?

Ich habe erst seit etwa drei Jahren ein Niveau im Englischen, mit dem ich mich wohlfühle. Ich habe nie lang im Ausland gelebt. Das ist etwas, das ich meinem jüngeren Ich daher immer raten würde: gehe eine Zeitlang raus aus Deutschland.

Zudem würde ich einer jüngeren Katharina sagen, sie solle sich bitte früher Leute in die Firma holen, die besser sind als sie selbst. Das ist wahrscheinlich etwas, was normal ist, am Anfang falsch zu machen, trotzdem hat es mich Zeit, Geld und einige schlaflose Nächte gekostet, dies zu lernen.

Zuletzt würde ich ihr deutlich sagen, dass zu viele Emotionen in der Firma nicht zu suchen haben und dass es keinen stichhaltigen Grund gibt, sich die Nächte mit Grübeleien, um die Ohren zu schlagen. Als Personalstrategieberatung operieren wir nicht am offenen Herzen.

Und natürlich obligatorisch ;-): Wo sehen Sie sich in 10 Jahren?

In zehn Jahren sehe ich mich immer noch bei D-Level, einer dann breit agierenden Personalstrategieberatung, die neben dem Headhunting weitere Dienstleistungen wie Digital Branding, Rekrutierungsschulungen und Organisationsentwicklung anbietet. Auch das Team wird dann nochmals gewachsen und so stark sein, dass es mich fachlich nicht mehr braucht und ich meine Arbeit an der eigenen Unternehmensentwicklung ausweiten kann.

Über Katharina Wolff: 2010 gründete Katharina Wolff mit 26 Jahren die Personalberatung D-Level, die sie bis heute führt. Die Hamburgerin war 2011 bis 2015 Abgeordnete in der Hamburgischen Bürgerschaft und unter anderem für Netzpolitik und Gleichstellung zuständig. Im  September 2019 startete sie die Initiative "Mission Shortlist- Looking for Female Leaders", mit dem Ziel, mehr Frauen in digitale Führungspositionen zu bringen. Für W&V spricht sie Klartext - in unserem Interview-Format "Klartext - Katharina Wolff über Köpfe, Karrieren und digitale Konzepte."


Annette Mattgey, Redakteurin
Autor: Annette Mattgey

Seit 2000 im Verlag, ist Annette Mattgey (fast) nichts fremd aus der Marketing- und Online-Ecke. Als Head of Current Content sorgt sie für aktuelle Geschichten, Kommentare und Kampagnen auf wuv.de. Außerdem verantwortet sie das Themengebiet People & Skills.