
Nach Treffen in München:
Luisa Neubauer bekommt Job-Angebot von Siemens
Die Friday-for-Future-Aktivistin und der Konzernchef Joe Kaeser haben sich in München zu einem persönlichen Gespräch getroffen. Vor allem ging es um die Siemens-Pläne, sich in Australien für eine Kohlemine zu engagieren. Aber es gab auch ein überraschendes Angebot.

Foto: Siemens
Die Klima-Aktivistin Luisa Neubauer hätte bei Siemens eine wichtige Rolle übernehmen können. Vorstandschef Joe Kaeser hatte ihr am 10. Januar einen Sitz in einem Aufsichtsgremium der künftigen Siemens Energy AG angeboten. Ob es der Aufsichtsrat oder ein anderes Gremium sei, könne Neubauer selbst entscheiden, sagte Kaeser in Berlin. "Ich möchte, dass die Jugend aktiv sich beteiligen kann. Der Konflikt zwischen Jung und Alt muss gelöst werden." Siemens will sein Energiegeschäft im Frühjahr als Siemens Energy abspalten und voraussichtlich im September an die Börse bringen.
Kaeser hatte mit Neubauer über die umstrittene Beteiligung von Siemens an einem Kohlebergwerksprojekt in Australien gesprochen. Fridays for Future fordert von Siemens, auf das Geschäft zu verzichten. Sie wollte sich anschließend nicht zu Kaesers Angebot äußern, sagte aber am Freitag Abend in Berlin, dass es jetzt nicht um irgendwelche Posten geht, was vielfach als Absage verstanden wurde.
Inzwischen hat sie dies auch deutlich formuliert:
Kaeser kündigte an, dass der Vorstand bis Montag darüber entscheidet. "Es ist klar dass diese Entscheidung nicht einfach ist", sagte er. Es gebe unterschiedliche Interessenlagen - von Aktionären, Kunden und auch der Gesellschaft, sagte Kaeser.
Bereits am Sonntag gab Kaeser seine Entscheidung bekannt:
"Es war ein sehr gutes Gespräch über die Themen, die die Jugend zu Recht bewegen", sagte Kaeser. Man wolle gemeinsam nach Lösungen für das Klima suchen. Neubauer stellte die Frage, ob Siemens gewillt sei, sich langfristig von Projekten wie dem des Konzerns Adani in Australien zu verabschieden. Diese hätten "keinen Platz mehr in diesem Jahrhundert". Ihr Mitstreiter Nick Heubeck sagte nach dem Gespräch: "Herr Kaeser steht dazu, dass dieser Vertragsabschluss letztes Jahr im Juli ein Fehler war."
Kaeser zeigte sich kritisch dem eigenen Unternehmen gegenüber: "Wir machen eine ganze Menge Dinge, aber wir machen auch Fehler, das ist offenkundig. Wir sehen, dass wir auch indirekte Beteiligungen bei kritischen Projekten besser verstehen und frühzeitig erkennen müssen."
Der Auftrag für die Lieferung der Zugsignalanlage ist für die Verhältnisse des Konzerns mit 18 Millionen Euro verhältnismäßig klein, der Konzern stand dafür aber zuletzt immer stärker in der Kritik. Mitte Dezember hatte Kaeser dann angekündigt, den bereits unterschriebenen Auftrag auf den Prüfstand zu stellen. Besondere Brisanz hatte das Thema zuletzt auch durch die riesigen Buschbrände in Australien bekommen.
Am Freitag hatte es Proteste von Fridays for Future vor Büros des Konzerns in mehreren deutschen Städten gegeben, unter anderem auch am Konzernsitz in München, wo nach Angaben der Organisatoren 57.000 Unterschriften an Siemens übergeben wurden. Zudem forderten auch andere Organisationen den Stopp des Auftrags, darunter die Klima-Allianz Deutschland, der nach eigenen Angaben rund 130 Organisationen angehören.
In einem am Freitag veröffentlichen offenen Brief an Kaeser warnt die Klima-Allianz, Siemens gefährde bei einer Beteiligung die eigene Glaubwürdigkeit. Der Ausbau der Kohlewirtschaft sei "eine gewaltige Bedrohung für die Zukunft der Welt" ein Ausbau "aus klimapolitischer Verantwortung heraus völlig untragbar".
Die Adani Group mit Hauptsitz in Indien will in Australien eines der größten Kohlebergwerke der Welt aufbauen, das aus fünf Untertageminen und sechs Tagebaustätten bis zu 60 Millionen Tonnen Kohle pro Jahr fördern soll. Das Projekt wird von Umweltschützern seit Jahren bekämpft. Neben dem Klimaaspekt geht es dabei auch um den Verbrauch von Wasser, die Zerstörung von Lebensraum und den Transport der Kohle über das Great Barrier Reef, das größte Korallenriff der Welt. Siemens soll für eine Zugstrecke vom Bergwerk zum Hafen Abbots Point Signaltechnik liefern.
dpa