
Digitalisierung:
Siemens steckt 100 Mio. Euro mehr in Weiterbildung
Der Großkonzern hat ambitionierte Ziele und will "eine neue Lernkultur etablieren". Wie das Geld des Zukunftsfonds ausgegeben wird, entscheiden die Mitarbeiter mit.

Foto: Siemens AG, München/Berlin
Mit zusätzlichen 100 Millionen Euro will Siemens seine Mitarbeiter auf einen durch Digitalisierung geprägten Arbeitsmarkt der Zukunft vorbereiten. Ab sofort könnten die Beschäftigten die Mittel aus einem neu eingerichteten Fonds für Weiterbildungsmaßnahmen nutzen, die auf den Strukturwandel abzielten, teilte der Konzern mit. Darauf hatte sich Siemens mit dem Gesamtbetriebsrat im Mai geeinigt. Das Geld stehe bis Ende 2022 zur Verfügung.
Es sei wichtiger denn je, "dass sich jeder kontinuierlich weiterbildet und bereit ist, auch Neues zu lernen. Das wollen wir mit dem Zukunftsfonds ermöglichen", sagte Janina Kugel, Chief Human Resources Officer und Mitglied des Vorstands der Siemens AG. "Lebenslanges Lernen ist für jeden von uns existenziell wichtig, denn der Strukturwandel wird dazu führen, dass einerseits Jobs wegfallen, andererseits aber auch neue Jobs entstehen, die neue Fähigkeiten erfordern." Die Mittel flössen zusätzlich zum regulären Aus- und Weiterbildungsbudget in Höhe von weltweit rund 500 Millionen Euro. Rund 290 Millionen Euro davon werden in Deutschland ausgegeben.
Ziel der Gesamtbetriebsvereinbarung zum Zukunftsfonds ist die Etablierung einer neuen Lernkultur. "Weiterbildungen allein werden künftig nicht mehr ausreichen, wir alle müssen bereit sein, auch Neues zu lernen", sagte Kugel. Die Initiative soll auch die Belegschaft dazu animieren, ihre berufliche Entwicklung aktiv mitzugestalten, um den Herausforderungen des Strukturwandels gerecht zu werden. Diese Eigenverantwortung fördert die Entwicklung der neuen Lernkultur.
Zu dieser Eigenverantwortung zählt auch, dass ein Vergabeausschuss, der zu gleichen Teilen aus Betriebsräten und Managern besetzt ist, darüber entscheidet, welche Projekte durch den Fonds finanziert werden sollen. Vorsitzende des Vergabeausschusses ist Janina Kugel.
Im Mai 2018 hatten sich Siemens, der Gesamtbetriebsrat des Unternehmens und die IG Metall auf einen Zukunftspakt verständigt. Dieser regelt die wichtigsten Eckpunkte zum Umgang mit dem gegenwärtigen Strukturwandel in Deutschland. Bezugnehmend auf diesen Zukunftspakt vereinbarten Siemens und der Gesamtbetriebsrat des Unternehmens im November 2018 die Gesamtbetriebsvereinbarung, die unter anderem die Grundsätze für den Zukunftsfonds beinhaltet.
"Unsere Aufgabe wird sein, dass die Beschäftigten vorausschauend qualifiziert und die Geschäfte weiterentwickelt werden, statt dass immer nur auf die Marge geschielt wird", teilte die Gesamtbetriebsratsvorsitzende und stellvertretende Aufsichtsratschefin Birgit Steinborn mit. Strukturwandel gebe es nicht umsonst.
Dieser trifft derzeit besonders die Kraftwerksparte von Siemens. Wegen Überkapazitäten bei Gasturbinen und dem Trend hin zu erneuerbaren Energien steckt die Sparte in der Krise. Der Konzern hatte sich mit der Arbeitnehmerseite Ende September auf einen Abbau von 6900 Arbeitsplätzen geeinigt, davon rund 2900 in Deutschland. Eine halbe Milliarde Euro will Siemens dort sowie in der Prozessindustrie- und Antriebssparte bis 2020 einsparen.
am/mit dpa