Studie:
Leser bezahlen wieder für gute Inhalte
Sie schätzen in Krisen-Zeiten vor allem seriöse Informationen und gute Unterhaltung, wie eine aktuelle Studie zur Mediennutzung der Deutschen von Deloitte zeigt. Klassische Medien erleben dank Corona ein Comeback.
Home sweet Home. Was früher eine Verheißung war, ist heute eher Zwang, der Auswirkungen auf unseren Medienkonsum hat. Die Unternehmensberatung Deloitte hat das jetzt in einer Studie untersucht.
"Medien sind gerade enorm wichtig", sagt Klaus Böhm, Leiter des Bereichs Media & Entertainment bei Deloitte. "Der Bedarf ist hoch, das belegen unsere Daten eindeutig."
Für den Deloitte Media Consumer Survey hat die Beratung im Februar dieses Jahres 2000 Konsumenten in Deutschland zu ihrem Medien-Nutzungsverhalten befragt. Eine weitere repräsentative Umfrage unter ebenfalls 2000 Mediennutzern zwischen dem 20. und 25. März 2020 liefert nun Vergleichswerte aus einem Zeitraum, den bereits das Corona-Virus bestimmt. Spannend, wie da die Unterschiede sind.
Klassisches Fernsehen ist wieder gefragt
Kein Medienangebot kennt so deutlich Zuwächse wie das lineare Fernsehen. Bei 21 Prozent der Befragten läuft das Gerät derzeit täglich, über zwei Stunden länger als vor der Pandemie. Dabei hatte doch lineares Fernsehen vor Corona deutlich an Popularität eingebüßt: Im Februar 2020 gaben nur 67 Prozent der Befragten an, täglich fernzusehen. Jetzt sind es wieder 76 Prozent. Sogar die Jungen entdecken den alten Kasten wieder für sich.
Die Revitalisierung des linearen Fernsehens geht interessanterweise nicht zu Lasten von video on demand (VOD): 45 Prozent der VoD-Nutzer konsumieren zurzeit deutlich mehr Video-on-Demand-Inhalte als vor Corona. Die Zuwächse gehen allerdings vor allem auf eine höhere Nutzungsintensität der Bestandskunden zurück. Dieser Trend zeigte sich auch schon in den Februar-Zahlen, die Deloitte erhoben hat. Gerade bei älteren Verbrauchern über 55 Jahren können Netflix, Amazon Prime und Co noch immer kein großflächiges Wachstum erschließen. Über alle Altersgruppen hinweg punktet derzeit das Angebot der Mediatheken: Der Anteil ihrer täglichen Nutzer ist um 55 Prozent gestiegen.
Die Wertung: Nutzer nehmen vor allem das Nachrichtenangebot der TV-Sender als echten Mehrwert gegenüber der unkontrollierten Informationsflut des Internets wahr. Auch der Boom bei den Mediatheken ist vor allem auf den Bedarf an Informationen rund um Corona zurückzuführen. Klaus Böhm: "Das bedeutet aber, dass die Zahlen bei einer ruhigeren Nachrichtenlage auch wieder zurückgehen werden."
Radio und Podcasts: Raus aus der Nische
Ähnlich wie bei VoD nutzen die Menschen Radio derzeit intensiver, aber nicht unbedingt mehr Leute schalten ein. 30 Prozent der Befragten gaben an, in der Corona-Krise mehr Radio zu hören als vorher. Bei den 19- bis 24-Jährigen sind es sogar 44 Prozent. Anders als das lineare Fernsehen kann das Radio verlorene Hörer momentan nicht in nennenswerter Anzahl zurückgewinnen.
Podcasts haben in der aktuellen Situation einen zusätzlichen Schub bekommen. Altersübergreifend gaben 37 Prozent der Hörer an, dass Podcasts für sie ein wichtiges Informationsmedium zum Thema Corona sind. Die Formate gehen häufig tiefer als die Nachrichten aus Fernsehen und Radio.
Online und Print: Nutzer zahlen für gute Inhalte
Nachrichten sind das Format der Stunde und in allen Darstellungsformen gefragt; vor allem Online-Angebote profitieren. Der Anteil täglicher Leser werbefinanzierter Online-News ist um 35 Prozent gestiegen. Zudem sind immer mehr Nutzer bereit, für Inhalte zu zahlen: Die regelmäßige Nutzung kostenpflichtigen Premium-Contents hat um 25 Prozent zugelegt. Der Anstieg bei digitalen Zeitungsausgaben als pdf oder App liegt sogar bei 31 Prozent.
Gedruckte Zeitungen lesen täglich noch 30 Prozent der Befragten, ein Prozent weniger als vor Corona. Klar, wer geht schon noch in den Kiosk derzeit?! Viele haben geschlossen.
In Zukunft punkten: seriöse Berichterstattung und gute Unterhaltung
Die zu erwartende Rezession bekommen Medienhäuser zu spüren. Schon jetzt brechen die Werbeerlösen ein. Effizienzsteigerungen, so Deloitte, seien für viele Medienunternehmen deshalb unumgänglich. Nur der gestiegene Medienkonsum gibt Hoffnung.
"Natürlich besteht gerade die Chance, Nutzer mit überzeugenden und glaubwürdigen Inhalten langfristig von Paid-Content zu überzeugen", sagt Böhm. Deloitte rechnet mit einer Verschiebung des Erlössplits in Richtung Bezahlinhalte. "Medienhäuser sind gut beraten, ihre Strategien hier entsprechend nachzujustieren", sagt Böhm. "Vertrauenswürdige Medienmarken, eine seriöse Berichterstattung und gute Unterhaltung sind die Bereiche, auf die Medien in Zukunft setzen sollten."