Auch Maybrit Illner profitierte vergangene Woche von Diekmanns Mediawert. Beim ZDF-Talk wetterte Altbundespräsident Christian Wulff einmal mehr gegen die Medien und gegen "Bild". Diekmann und das Springer-Blatt hatten den Polit-Skandal um Wulff damals so richtig ins Rollen gebracht. Der von Illner nicht eingeladene Diekmann widerlegte Wulffs Thesen aus dem TV-Studio per Twitter. Einiges war aus seiner Sicht schlicht falsch. Freuen konnte sich die Talk-Lady, die – offensichtlich angetrieben vom Rummel im Social Web - rund 2,6 Millionen Gesamtzuschauer und überdurchschnittliche 13,7 Prozent Marktanteil zählen konnte.

Profitieren konnten übrigens auch andere vom Fernseh-Twitter-Zoff, wie etwa  Peter "Bulo" Böhling. Der "Clap"-Herausgeber und unauthorisierte Diekmann-Cartoon-Biograf hat den Dauerzwist zwischen Wulff und Diekmann via Karikatur verarbeitet, die dann wiederum in der ZDF-Sendung auftauchte. 

Böhling stuft Diekmann als Menschen mit "Macht, Meinung sowie einer unerschöpflichen Portion Selbstbewusstsein und -ironie" ein. Das polarisiere und mache Beobachter seiner Kommunikation "automatisch zu Fans oder Feinden". Der Münchner Blattmacher folgert: "Egal also, wo man selbst steht: Der Zoff-Faktor ist garantiert. Und weil wir alle gnadenlose Voyeure sind (ja, auch Sie, liebe Leser!), sitzen wir natürlich gern in der ersten Reihe, wenn sich mal wieder jemand traut, 'The Diekman' herauszufordern. Ein öffentlicher Schlagabtausch mit ihm kann den eigenen Aufmerksamkeitswert kurzfristig durchaus steigern." Peter Böhling warnt aber davor, "den 'Bild'-Propheten nicht zu sehr am Barte zu zupfen oder in die Weichteile zu treten …".

Bulos Kommentar zum Medien-David vs "Bild"-Goliath kommt gezeichnet daher:

Ist dieses Phänomen Diekmann neu? Nein. Die "taz" etwa verdankt dem skurrilen Penisstreit mit dem Journalisten aus dem Jahr 2002 viele Schlagzeilen und Öffentlichkeit. Das Berliner Blatt hatte vor zwölf Jahren per Satire eine angeblich missglückte Penis-Verlängerung des "Bild"-Chefredakteurs heraufbeschworen. Dagegen wehrte sich Diekmann über Jahre hinweg mit eher mäßigem Erfolg vor Gericht. Die "taz" antwortete, indem sie den Künstler Peter Lenk als Gruß an den "Bild"-Chef und Sinnbild für Größenwahn 2009 einen Riesen-Penis an ihrer Hausfassade anbringen ließ.

Wie reagierte Diekmann?

Er bot ein Blog an, spielte einmal einen Tag lang "taz"-Chef und nennt sich heute "Genosse" der Tageszeitung. Im Interview zum 36. Geburtstag der "taz" adelt Diekmann das Blatt gar und nennt als Gemeinsamkeit, dass Twitter "ja eigentlich wie gemacht für Medien wie Bild oder die taz" sei. Weil beide frech seien. Ein PR-Coup eines "taz"-Genossen mit mehr als elf Millionen Lesern im Hauptjob bei "Bild"?

Einer, der den Wert Kai Diekmanns als "PR-Beschleuniger" aus professioneller Sicht einzuschätzen vermag, ist Oliver Roth. Der Geschäftsführer der Mediaagentur Pilot an den Standorten München und Stuttgart plant sonst mit seinem Team den möglichst effizienten Reklameeinsatz für Kunden wie Weleda. Roth setzt den "Bild"-Chef mit einem großen Namen im Sport gleich: "Was Franz Beckenbauer im Fußball, ist Kai Diekmann für die Medienbranche: Sein Wort hat Lautstärke. Wird man von Diekmann beachtet, beachtet einen die ganze Medienbranche. Wird ein Thema von Diekmann kommentiert, wird es zur Headline."

Und wie kann man die Formel "Diekmann = maximale Reichweite" umsetzen? Media-Kenner Roth: "Die Strategie ist einfach, aber effektiv: Provokation, auf die Diekmann einsteigt und die er kommentiert, danach Einordnung durch den Protagonisten." Diekmann garantiere "hohe Aufmerksamkeit – ob nun zur Steigerung der eigenen Bekanntheit oder der Abverkaufszahlen eines Buches", fasst der Pilot-Chef zusammen.

Überliefert wird in der Branche, wie sehr so manche TV-Sendung über die Jahre hinweg die PR-Maschinerie Kai Diekmann immer wieder gebraucht hat. Unter anderem soll Diekmann-Freund Dieter Bohlen mit einem seiner Enthüllungsbücher massiv beim "Bild"-Chef angeeckt sein. In der Folge fiel dem Vernehmen nach das übliche Großaufgebot des Boulevardblatts zur Bohlen-Show "Deutschland sucht den Superstar" nahezu aus. Sender und Sänger sollen höchst alarmiert ein Friedenspfeifchen mit Diekmann geraucht haben – Sender wie RTL brauchen eben den PR-Schub der "Bild" für große Shows.

Das Prinzip Diekmann funktioniert. Zumindest so lange, wie nur wenige so denken:

Update: Diekmanns Fan-Basis wird immer größer ...


Autor: Petra Schwegler

Die @Schweglerin der W&V. Schreibt seit mehr als 20 Jahren in Print und Online über Medien - inzwischen auch jede Menge über Digitales. Lebt im Mangfalltal, arbeitet in München.