Bilanz des Streamingdienstes:
Netflix überzeugt 104 Millionen Abonnenten
Die stark wachsenden Kundenzahlen bestätigen die Geschäftsstrategie von Netflix: massive Investitionen in Inhalte - auf Pump.
Netflix ist ein Riese in der Unterhaltungsbranche. Und dank wachsender Nutzerzahlen bekommt der Streamingdienst noch mehr Gewicht. Trotz zunehmender Konkurrenz kann der SVoD-Anbieter (Subscription-Video-on-Demand) immer mehr Kunden anlocken und damit seine eigenen Wachstumserwartungen übertreffen.
Im vergangenen Quartal gewann das Unternehmen gut fünf Millionen neue Abonnenten dazu. Ebenso viele wie zwischen Ende 2016 und März 2017. Knapp 104 Millionen weltweit sind es nun, Stand Ende Juni. Die US-Finanzwelt und Netflix selbst hatten mit einem Plus von etwas über drei Millionen gerechnet. Die Aktie sprang am Montag nachbörslich um fast elf Prozent auf ein Rekordhoch von knapp 180 Dollar.
Reed Hastings: Hohe Investitionen in Eigenproduktionen lohnen sich
Die Kundenzahlen sind wichtig für Netflix, weil sie die teuren exklusiven Produktionen wie "Stranger Things" oder "The Crown" rechtfertigen, mit denen sich der Streamingdienst von der Konkurrenz wie Amazon Video oder Maxdome in Deutschland abheben will. Allein im zweiten Vierteljahr seien unter anderem 14 neue Serienstaffeln, 9 Filme, 6 Dokumentationen und 7 Staffeln von Kinderserien gestartet, rechnete Netflix vor.
Auch einen kleinen Gewinn meldet der Konzern von Reed Hastings. Der Konzernumsatz stieg im Jahresvergleich um fast ein Drittel auf knapp 2,8 Milliarden Dollar (2,44 Mrd. Euro), der Gewinn legte von 41 auf 66 Millionen Dollar (56 Mio. Euro) zu. Allerdings: Netflix gibt in diesem Jahr rund 6 Milliarden Dollar für Inhalte aus - vor allem geliehenes Geld. Firmenchef Hastings betonte nach der Vorlage der Quartalszahlen, man sehe sich in der Strategie bestätigt und werde weiter investieren. Bei einer Serie wie "Stranger Things" müsse man zwar viel Geld vorschießen, spiele es jedoch über einen langen Zeitraum wieder ein.
Nach den guten Abonnentenzahlen wird Netflix nun mutiger mit seinen Prognosen: Nach dem laufenden Quartal sollen es bereits 108,35 Millionen Abonnenten sein - ein Plus von gut 4 Millionen also. Mit höheren Kundenzahlen und besseren Finanzen kann Netflix sich auch noch aggressiver auf die Jagd nach exklusiven Inhalten machen. Netflix und Amazon haben bereits in der Vergangenheit die Preise für Produktionen im Wettbewerb mit klassischen TV-Sendern hochgetrieben.
Zugleich hatte Netflix in einem Eingeständnis, dass nicht alle Konzepte beim Publikum erfolgreich sind, in den vergangenen Monaten zwei teure und groß beworbene Serien von Hollywood-Regisseuren eingestellt: "The Get Down" von Baz Luhrmann und "Sense 8" von den Wachowski-Schwestern. Abrufzahlen gibt der Konzern nicht heraus; man biete auch Zielgruppenformate. Das US-Magazin "Variety" und die Marktforscher von Nielsen veröffentlichen aber immer wieder belastbare Zahlen. So waren vor rund einem Jahr die erfolgreichsten Formate des Streamingdienstes "Fuller House" (21,51 Mio.) und "Making a Murderer" (19,35 Mio.). In diesem Jahr dürfte das aufmerksamkeitsstarke "Tote Mädchen lügen nicht"( "13 Reasons Why") weit vorn dabei sein.
Weltweit ein Plus von 4 Millionen
In dem bereits stark abgegrasten Heimatmarkt USA gewann Netflix im vergangenen Vierteljahr gut 1 Million Kunden statt der erwarteten rund 600.000. International kamen über 4 Millionen anstelle der in Aussicht gestellten rund 2,6 Millionen hinzu. Damit trägt die 2016 umgesetzte, schnelle globale Expansion Früchte. Von den wichtigen Märkten ist Netflix nur in China nicht selbst aktiv, sondern musste dort einen Lizenz-Deal mit einem lokalen Streaminganbieter machen.
Inzwischen setzten auch andere Streamingdienste immer mehr auf eigene Inhalte. Netflix produziert verstärkt lokale Sendungen in verschiedenen Sprachen, die dann auch weltweit vermarktet werden. So soll Ende des Jahres die in Deutschland gedrehte Serie "Dark" starten. Konkurrent Amazon produzierte hier unter anderem den Sechsteiler "You Are Wanted" mit Matthias Schweighöfer.
Laut Daten von Goldmedia hat Netflix in Deutschland einen Marktanteil von 11 Prozent bei den Onlinern und liegt damit zwischen Amazon Video (22 Prozent) und Sky (8 Prozent). Von allen VoD-Nutzern schauen 17 Prozent Netflix, 32 Prozent via Amazon und 12 Prozent Sky-Abrufdienste. (sh/mit dpa)