Datenschützer warnen vor Outings

Angesichts eines solchen Systems warnen britische Datenschützer schon seit Langem vor möglichen Erpressungsversuchen infolge von Hackerangriffen oder Datenpannen. "Es kann dazu führen, dass Leute geoutet werden", erklärte Jim Killock, Chef der Open Rights Group, gegenüber dem Guardian.

"So etwa wenn Schüler aufgrund einer Datenpanne von den ungewöhnlichen sexuellen Präferenzen eines Lehrers erfahren. Wenn es sich um legale Pornografie handelt, wird der Lehrer zwar nicht entlassen, aber sein Ruf ist ruiniert", so Killock.

Und: "Die Politiker, die dies beschlossen haben, scheinen nicht zu verstehen, dass auch Daten über ihre eigenen sexuellen Präferenzen in den Händen von Journalisten oder anderen Leuten landen können."

"Pornografie-Pendant zu Mark Zuckerberg"

Ein Dorn im Auge ist für die Datenschützer insbesondere das Unternehmen Mind Geek, das in Großbritannien zahlreiche kommerzielle Pornografie-Sites wie etwa Porn Hub betreibt. Mind Geek hat inzwischen ein eigenes Tochterunternehmen zur Altersverifizierung mit dem Namen AgeID gegründet.

"Das Problem", so Killock, "ist, dass man alle seine Daten an ein Pornografie-Pendant zu Mark Zuckerberg gibt: Das ist, was ich mag, das ist, wer ich bin, und das sind alle Sites, die ich besucht habe."

James Clark, Sprecher von AgeID, bestreitet ein solches Szenario. Er weist darauf hin, dass AgeID zu keinem Zeitpunkt während des Verifizierungsprozesses die persönlichen Daten der Nutzer speichere. "Da wir solche Daten nicht sammeln, können sie auch nicht geleakt, vermarktet oder in irgendeiner anderen Weise missbraucht werden", so Clark.

Überwacht wird die Einhaltung der Altersverifizierungen vom British Board of Film Classification, der auch die Einhaltung des Datenschutzes bei den Verifizierungsfirmen überwacht. Website-Betreiber, die sich nicht an die Altersverifizierungs-Verordnung halten, müssen mit hohen Geldbußen rechnen oder können von allen britischen Internet-Serviceprovidern gesperrt werden.

Ausweg VPN

Dass die Altersverifizierung auch wirklich effektiv sein wird, glaubt indes nur eine Minderheit der Briten. Dies zeigt sich auch in den Online-Kommentaren zu einem Bericht des Boulevard-Blatts Daily Mail über das geplante System.

Viele der Kommentatoren empfehlen einen simplen Ausweg: die Nutzung eines sogenannten Virtual Private Network (VPN), das anonymes Surfen im Internet ermöglicht und auch ein bestehendes Geoblocking umgeht.


Autor: Franz Scheele

Schreibt als freier Autor für W&V Online. Unverbesserlich anglo- und amerikanophil interessieren ihn besonders die aktuellen und langfristigen Entwicklungen in den Medien- und Digitalmärkten Großbritanniens und der Vereinigten Staaten.