Cord-Cutting:
US-Haushalte schalten Kabel- und Satelliten-TV ab
Im ersten Quartal stieg die Zahl der Abo-Kündigungen auf einen neuen Rekordwert. Für das zweite Quartal erwarten die Marktforscher noch schlimmere Zahlen. Profitieren dürften davon die Streamingdienste.
Bei den traditionellen Anbietern von Kabel- und Satellitenfernsehen in den USA wie etwa Comcast, AT&T, Charter oder Dish Network hagelte es im ersten Quartal dieses Jahres Abonnements-Kündigungen. Insgesamt beendeten laut dem Marktforscher Moffett Nathanson 1,8 Millionen US-Haushalte ihr Abo. Es ist der höchste jemals gemessene Wert für einen Dreimonatszeitraum. Im Jahresvergleich entspricht dies einem Rückgang um 7,6 Prozent – ebenfalls ein neuer Rekordwert. Der US-Marktforscher Converge erwartet für dieses Jahr ein Minus von sogar neun Prozent.
Besonders heftig traf es die Anbieter von Satelliten-TV, die über eine Millionen Kunden verloren. Allein bei Dish flatterten 413.000 Abo-Kündigungen ins Haus. Die traditionellen Kabelanbieter verzeichneten rund 600.000 sogenannte "Cord Cutters", Kabelgigant Comcast beispielsweise knapp über 400.000.
Vor allem zwei Faktoren sind für diesen Einbruch verantwortlich. Zum einen machte sich bereits im März der wirtschaftliche Abschwung infolge der Coronavirus-Pandemie in den USA bemerkbar. Millionen Haushalte sind inzwischen von Arbeitslosigkeit oder Kurzarbeit betroffen. Zum anderen dürfte der nahezu komplette Ausfall von Live-Sportübertragungen die Zahl der Abo-Kündigungen ebenfalls hochgetrieben haben.
Je nach den ausgewählten Programm-Paketen und der zusätzlichen Wahl von Premium-Kanälen wie etwa HBO oder ESPN summiert sich ein Kabel- oder Satelliten-TV-Abonnement schnell auf 100 Dollar pro Monat. In der derzeitigen Krise zu viel für viele Haushalte. "Mit dem Ausfall der Sportsendungen und angesichts des Tsunamis der Arbeitslosigkeit, der erst am Ende des ersten Quartals hereinbrach, werden alle diese Zahlen im zweiten Vierteljahr noch schlechter werden", warnen deshalb auch die Analysten von Moffett Nathanson. Im April sprang die Arbeitslosenquote in den USA auf 14,7 Prozent.
Streaming-Abos dürften erneut kräftig zulegen
Weiter profitieren von der Krise dürften dagegen die Videostreamingdienste. Wie berichtet, konnte Netflix für die ersten drei Monaten des Jahres einen Rekordzuwachs von weltweit fast 16 Millionen Neukunden vermelden. Auch wenn US-Haushalte gleich zwei, drei oder mehr Videostreamingdienste abonnieren, ist dies in der Regel wesentlich günstiger als ein Kabel- oder Satelliten-TV-Abonnement – zumal einige Dienste wie beispielsweise das zu Viacom CBS gehörende Pluto TV oder der am 15. Juli offiziell startende Videostreamingdienst Peacock von NBC Universal auch kostenlose, werbefinanzierte Varianten anbieten.
Für die traditionellen Kabel-TV-Anbieter stellen die Abo-Kündigungen zwar einen ärgerlichen Umsatzverlust dar, doch wirklich bedrohlich sind für sie selbst die aktuellen Negativ-Rekordwerte nicht. Denn das Kabelgeschäft mit seinen in den letzten Jahren rasant steigenden Programmkosten ist für die Unternehmen schon seit längerer Zeit nicht mehr besonders gewinnträchtig. Die meisten bieten deshalb auch Breitband-Internetzugänge an, ein weitaus profitableres Geschäft. So meldete Comcast für das erste Quartal 477.000 neue Internet-Kunden – das beste Vierteljahresergebnis seit zwölf Jahren.