
USA:
Amazon baut Prime zur eigenständigen Marke aus
Blau statt orange: Amazon passt die Prime-Logos aller seiner Angebote an. Der Verweis auf Amazon verschwindet. Warum die neue Markenstrategie ein geschickter Schachzug ist.

Foto: Amazon
Mit einem Markenwert von rund 208 Mrd. Dollar ist das die drittwertvollste Marke der Welt: Amazon. Deswegen trugen bisher auch alle Ableger den Namen Amazon, etwa Amazon Prime Video und Amazon Prime Now. Deutsche Amazon-Prime-Kunden zahlen knapp acht Euro im Monat (oder 69 Euro im Jahr) und erhalten dafür ihre Lieferungen nicht nur schneller, sondern können auch Filme und Serien streamen und E-Books ausleihen.
Jetzt kappt Amazon nach und nach die Verbindung zwischen Amazon und Prime. Prime soll als eigene Marke positioniert werden, und zwar auch außerhalb der bisherigen Amazon-Kundschaft.
Die Entscheidung hängt mit einer Akquisition zusammen, die Amazon schon vor einem Jahr getätigt hat: Amazon kaufte die Bio-Supermarktkette Whole Foods. Mit Preisreduzierungen und Rabatten will Amazon die Läden aus der Edel-Ecke holen und für jedermann attraktiv machen.
Olaf Oldigs, geschäftsführender Gesellschafter der Strategieagentur Markendienst, kann der Amazon-Entscheidung einiges abgewinnen: "Höchste Zeit, dass Amazon das macht. Die Grenzen zwischen den Kauf-Kanälen lösen sich für Kunden (und nicht nur für Amazon-Kunden) doch überall auf." Er sieht noch einen weiteren positiven Aspekt: "Wenn Prime-Produkte und Angebote in den Supermärkten landen, mutiere ich als Kunde zu meinem eigenen Prime-Zusteller. Das vermeidet Verpackung und strafft die Logistik."
Für Oldigs ist Prime bereits jetzt eine starke Marke: "Da die Zweitmarke Prime bereits im Inkubator aller Amazon-Accounts etabliert wurde, sehe ich kein Risiko." Durch die Ausweitung der Services auf andere Bereiche könne die Marke weiter an Strahlkraft gewinnen. "Das Problem beginnt erst, wenn Prime-Kunden das liebgewonnene, gefühlt exklusive, all-inclusive bei Prime weggenommen wird."
Bei Ebay hat sich eine ähnliche Strategie bereits ausgezahlt: "Als Ebay das schrabbelige Flohmarktimage auf dem Weg zur höherpreisigen Kaufplattform für Neuware im Weg stand, wurden kurzerhand die Ebay-Kleinanzeigen ausgelagert. Was damals in der Ebay-Community für heftiges Flügelschlagen sorgte, erweist sich heute als kluger Move der Marke, der neue Zielgruppen an Ebay herangeführt hat."
In den Whole-Foods-Filialen prangen die blauen Prime-Schilder, um auf besondere Deals hinzuweisen. Auch die Verkäufer tragen Shirts und Kappen mit dem Prime-Logo. In den Filialen fehlt jeglicher Hinweis auf Amazon, ebenso in der Whole-Food-App.
Die Liste der Läden und der Bundesstaaten, in denen es die Prime-Deals gibt, wird immer länger. Gerade sind zehn weitere Bundesstaaten hinzugekommen. Damit sind in etwa der Hälfte aller Einkaufszentren die Sonderangebote für Prime-Mitglieder zu haben. "Aufgrund der positiven Resonanz in den vergangenen Monaten beschleunigen wir unsere Pläne, das Programm in weiteren Läden auszurollen", bekräftigt A.C. Gallo, Chef und COO von Whole Foods Market. In den USA hat Prime mehr als 100 Millionen Kunden. Jeder Vierte nennt Prime als seine Lieblingskundenkarte.
Wenn es nach Oldigs geht, steht auch noch eine weitere Verlagerung vom Online-Geschäft ins Reale an. Er sieht "Amazons Choice" auf bestem Weg ins Supermarkt-Regal. "Das ist ja inzwischen eins der glaubwürdigsten Qualitätssiegel. Das wäre dann Tchibo in zeitgemäß."