
Sport-Zuschauerzahlen :
TV-Quoten 2020: DFB-stellt Negativ-Rekord auf
Im Corona-Jahr hat das Fußball-Interesse der Zuschauer nachgelassen. Das zeigen die Sport-TV-Quoten 2020. Besonders die Nationalmannschaft verliert, während sich die Nische über Zuwächse freut.

Foto: Emilio Garcia / Unsplash
Im November prognostizierte W&V, dass sich der Trend zum Nischensport im kommenden Jahr fortsetzen wird. Denn Sponsoren haben längst verstanden, dass einen zahlenmäßig begrenzte, aber dafür frenetische Fanbasis, eine Community, mindestens ebenso attraktiv ist wie die Reichweite eines DFB-Spiels.
König Fußball ist nicht mehr das Nonplusultra. Das bestätigen auch die TV-Quoten des Jahres 2020. Hier grüßt zwar wenig überraschend der Champions League Sieger Bayern München von der Spitze - doch insgesamt hat das Fußball-Interesse der Fernsehzuschauer im Corona-Jahr deutlich nachgelassen.
Vor allem die Nationalmannschaft hatte auffallend schwache Zuschauerzahlen. Das Team von Joachim Löw stellte sogar einen Negativ-Rekord auf. Nischensportarten freuen sich hingegen über steigende Zahlen.
Doch zunächst zum Quoten-Sieger:
Klare Nummer eins der Sport-Quoten 2020 ist die Übertragung des Bayern-Endspielsieges in der Champions League. 12,81 Millionen Menschen sahen den 1:0-Erfolg des deutschen Fußball-Meisters gegen Paris Saint-Germain im Free-TV beim ZDF und sorgten für einen Marktanteil von 39,6 Prozent. Weitere 1,1 Millionen schauten bei Pay-TV-Sender Sky zu. Der kostenpflichtige Onlineanbieter DAZN zeigte die Partie ebenfalls, machte aber keine Angaben zur Zuschauerzahl.
Schlechteste DFB-Quote seit 20 Jahren
Überraschend schwach waren die Zahlen besonders bei den Übertragungen der Fußball-Nationalmannschaft, die deutlich weniger Zuschauer als in den Vorjahren hatte und - anders als etwa 2019 - nicht ein einziges Mal eine zweistellige Millionenzahl verzeichnete. Im Gegenteil: Es gab sogar einen Tiefstwert. 5,42 Millionen beim 1:0 gegen Tschechien bei RTL war seit mindestens 20 Jahren die schlechteste Quote für eine deutsche Länderspiel-Übertragung in den Abendstunden.
Das sinkende Interesse an der Nationalmannschaft bereitet auch den Bundesligaclubs Sorge. Zuletzt hatte der Vereinspräsident von Union Berlin, Dirk Zingler, den DFB und dessen Direktor Oliver Bierhoff scharf kritisiert. "Wir müssen den Fußball der deutschen Nationalmannschaft den Menschen zurückgeben", forderte Zingler und machte vor allem Bierhoff für die Fehlentwicklung verantwortlich. Dieser wolle aus der deutschen Nationalmannschaft eine Marke machen, sagte Zingler: "Da müssen wir zwingend gegensteuern."
Wohl möglich hätte es diese Debatte bei einer erfolgreichen Europameisterschaft nie gegeben. Aber das Turnier musste bekanntlich wegen Corona auf 2021 verschoben werden. Und während sich der Fußball vor allem mit sich selbst beschäftigt, feierten andere Disziplinen Quoten-Erfolge: "In diesem Jahr haben viele andere Sportarten den Weg in die Top 50 geschafft", kommentierte ARD-Sportkoordinator Axel Balkausky die TV-Zahlen 2020. "Der Anteil der Fußballspiele ist sonst höher."
Deutscher Darts-Profi sorgt für Top-Quoten
Die Abschluss-Etappe der Vierschanzentournee mit 6,823 Millionen auf Platz elf und insgesamt neun Biathlon-Übertragungen unter den 50 erfolgreichsten Sport-Sendungen zeugen von der Beliebtheit des Wintersports.
Zu den Publikumslieblingen der Fernsehzuschauer zählt auch die Handball-Nationalmannschaft. Bei den großen Turnieren sind die Spiele Quoten-Garanten, auch wenn der Spitzenwert von 2019 nicht erreicht wurde. Im Vorjahr hatten 11,901 Millionen Menschen in der ARD das verlorene WM-Halbfinale der deutschen Nationalmannschaft gegen Norwegen gesehen und für den Quoten-Hit des Jahres gesorgt. 2020 kamen aber immerhin sieben EM-Spiele der Handballer unter die Top 50.
"Das bestätigt den Trend", sagte Balkausky zu den diesjährigen Erfolgen der Wintersport- und Handball-Übertragungen. Auch Darts zählt zu den Nischensportarten, die deutlich an Popularität gewinnen konnten. Aktuell sorgt der deutsche Darts-Profi Gabriel Clemens für Aufsehen. Der Saarländer warf gerade sensationell Weltmeister Peter Wright aus dem WM-Turnier.
Wenn es Clemens am Dienstagabend im Achtelfinale mit dem Polen Krzysztof Ratajski zu tun bekommt, dürfen die übertragenden Sender Sport1 und DAZN für Darts-Verhältnisse Top-Quoten erwarten. Bereits das Duell mit Wright sahen in der Spitze 1,2 Millionen Menschen, wie TV-Sender Sport1 am Montag mitteilte. Im Durchschnitt waren es 720 000 Zuschauer.
dpa/W&V