Sie haben sicher einen der herausforderndsten Jobs bei der UFA, denn junge Menschen längerfristig an etwas zu binden, ist sicher eine große Challenge. Wie sind Sie zu diesem Job gekommen?

Ich habe in der 9. Klasse ein Schulpraktikum in dem Bereich absolviert und wusste von dem Zeitpunkt an, dass das mein Weg sein wird. Später ging es für mich zum Studium an die Filmhochschule – ein klassischer Werdegang also. Meine ersten Jobs hatte ich dann bei studio.tv.film, UFA und Nickelodeon.

Wie gehen Sie es ganz konkret an, zeitgemäße Formate zu entwickeln, die ein junges Publikum ansprechen? Schaut man beispielsweise in die USA, welche Themen dort funktionieren? Und gibt es überhaupt sowas wie ein „Erfolgsrezept“?

Ich glaube nicht an das eine Rezept. Ich habe so eine ähnliche Fragestellung in meiner Diplomarbeit verhandelt und bin auch damals wissenschaftlich nicht auf die eine Lösung gekommen. Ich denke, es geht immer darum, ein sehr ausgeprägtes Bauchgefühl für das zu haben, was Menschen in den verschiedenen Zielgruppen bewegt. Natürlich gibt es dramaturgische Prinzipien, Archetypen usw. die sich bewährt haben – aber unterm Strich bleibt es die eine gute Idee, die den Nerv trifft. 

Was das Thema USA angeht, kann ich nur für mich sprechen: Ich schaue mir natürlich viel an und sehe vor allem Macharten, die wahnsinnig beeindruckend sind, aber thematisch ist es gerade auch in der jungen Zielgruppe immer wieder wichtig, lokale Inhalte zu finden. Von daher hat der amerikanische Markt für mich nicht die größte Bedeutung.

Ihren Einstieg in die UFA hatten Sie bei der Daily Soap GZSZ, die nun schon seit bald 32 Jahren werktäglich bei RTL über den Bildschirm läuft. Das Image der Dailys ist ja von je her eher zwiegespalten, dabei steckt in dieser Art von „Fließbandproduktion“ ein ungeheures Know-how. Welchen Blick haben Sie darauf?

Genau diesen! Vor allem bin ich wahnsinnig demütig den Dailys gegenüber. Das sind Programmmarken, die sowohl für das Publikum als auch für die Auftraggeber und natürlich die Produktionsteams selbst von einer Bedeutung sind, die man sich kaum vorstellen kann. Für die einen ist es die tägliche Dosis Entspannung, Flucht, Eskapismus und für die anderen eine tägliche Arbeit, die in jeder Faser maximalen Respekt verdient. Dort entstehen wöchentlich fünf Folgen unabhängig von äußeren Einflussfaktoren. Als beispielsweise die Corona-Pandemie losging, war ganz klar, dass es weitergehen muss. Die Dailys haben damals den entscheidenden Beitrag geleistet, wie unter diesen erschwerten Bedingungen das Produktionsgeschäft aufrechterhalten werden konnte.

Das war Pionierarbeit, von denen alle anderen Sets profitiert haben. Alle Produktionen in Deutschland, egal in welchem Genre, haben in den folgenden Monaten mit dieser Herangehensweise arbeiten können. Auch technische Neuerungen kann man nirgends so schnell ausprobieren und mit dem Ergebnis arbeiten wie bei den täglichen Serien. Dadurch, dass dort immer gedreht wird, ist eben auch immer Material da.

Und dann gibt es natürlich die inhaltliche Seite: Never ending stories in einer Figurentiefe zu erzählen, immer wieder Plot-Twists zu finden und das Publikum zu begeistern, ist einfach beeindruckend und eine hohe Kunst. Wenn ich auf all das schaue, denke ich immer, jeder der Serien oder Filme machen will, sollte unbedingt mal in einer Daily gearbeitet haben. Man lernt nirgends mehr als dort. Und viele erfolgreiche Autoren und Autorinnen, Regisseure oder Regisseurinnen, Schauspieler oder Schauspielerinnen haben in unseren Dailys angefangen.

Sie arbeiten aktuell an einer GZSZ Kids Serie für Super RTL. Da wundern sich vielleicht manche, wie eine Daily-Serie mit coolem Content für Kids zusammenpasst. Was entgegnen Sie?

Super RTL und RTL haben festgestellt, dass Eltern und ihre Kinder sehr gerne GZSZ zusammen anschauen. Es liegt also nah, der jungen Zielgruppe ein eigenes Programm zu geben, dass in dieser Welt angedockt ist. Wir haben in der Entwicklung sehr darauf geachtet, dass das Programm aber trotzdem eigenständig für diese Zielgruppe funktioniert – denn natürlich bewegen 8- bis 13-Jährigen andere Themen als Erwachsene. In unserer Serie erobern sechs Kids einen alten Skatepark und machen ihn zu ihrem Refugium, ihrem Safe Space. Der Park ist genau um die Ecke von dem bekannten GZSZ Kollekiez und muss nun gegenüber den Erwachsenen verteidigt werden, die auch ein Auge darauf geworfen haben. Die Serie kümmert sich um den Platz für Kinder und Jugendliche in der Stadt und damit auch um ihren Platz in unserer Gesellschaft.

Den Verlauf einer Handlung mitbestimmen oder selbst Teil der Handlung werden – neue Techniken machen das möglich. Wie bedeutsam werden diese Themen in den nächsten fünf Jahren sein? Mainstream oder eher Nische?

Ich glaube an die Kraft der Unterhaltung und daran, dass Zuschauer und Zuschauerinnen sich gern unterhalten lassen. Im Alltag muss man sehr häufig Entscheidungen treffen, sich um Dinge kümmern, planen, usw. Ich bin ziemlich sicher, dass die meisten Menschen sich beim Fernsehen oder Streamen einfach gern zurücklehnen und genießen und einmal nicht in der Verantwortung sind. Die Versuche bei diversen Webserien gab es schon vor über 10 Jahren – das war auch nicht durchschlagend erfolgreich.

 

Screenforce Academy verpasst? Bis 29.4. gibt es einen Webcast.

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Vom 09. bis 11. April gab es bei der Screenforce Academy spannende und exklusive Einblicke hinter die Kulissen der Medienlandschaft. Auch Christian Oberfuchshuber war Teil des kompakten Live-Events. Wer es verpasst hat, kann sich vom 15.04. bis zum 29.04. die freigegebenen Sessions auf der Veranstaltungsplattform anschauen.

Hier geht es zur Anmeldung für den Webcast.


W&V Redaktion
Autor: W&V Redaktion

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