Digital Video:
Was Sie jetzt zu den neuesten Video-Trends wissen müssen
Programmatic, neue Werbeformate und Connected TV sind nur einige der Schlagworte, die in Sachen Digital Video kursieren. Ilhan Zengin, CEO Showheroes Group, weiß, auf welche der Themen es jetzt ankommt.
Video hat uns in der Pandemie gerettet: Im Zoom- oder Teams-Call mit den Kolleg:innen. Abends mit neuen Filmen aus den öffentlich-rechtlichen Mediatheken oder bei Netflix, Amazon & Co. Aber auch mit Fitnessübungen fürs Homeoffice, Rezepten für den heimischen Herd oder Gaming-Angeboten.
War die Corona-Zeit für uns ein Boost für Digitalisierung, war und ist Video ein wichtiger Teil davon. Videos sind heute für über 80 Prozent des Internettraffics verantwortlich. Das hat Konsequenzen, auch für die Werbewirtschaft. Zwar ist der Trend zu bewegten Bildern – angesichts höherer Bandbreiten, vielfältigster Inhalte und jeder Menge Screens unterschiedlichster Größe – nicht neu. Aber neue technologische Entwicklungen, innovative Werbeformate und wachsende Reichweiten heben Digital Video gerade auf ein neues Level.
Für Werbungtreibende bietet der Kanal zahlreiche neue Formate: In- oder Outstream Videos, Reels Ads bei Facebook und Instagram, Top View oder Infeed Videos bei TikTok oder dynamische SplitScreens und weitere interaktive Instream-Werbeformate auf Publisherseiten.
Digital Video bietet deutlich mehr als den 30-Sekünder im Werbeblock. Hinzu kommen zusätzliche Screens und neue Möglichkeiten der gezielten Ansprache. Und eine wachsende Reichweite: 2020 nutzten, so die Onlinestudie von ARD und ZDF, in Deutschland bereits 83 Prozent der Befragten ab 14 Jahren zumindest gelegentlich Onlinevideos. Zum Vergleich: Zehn Jahre zuvor waren es lediglich 45 Prozent. In jüngeren Zielgruppen können wir sogar von einer Vollabdeckung sprechen (14-29 Jahre = 100 Prozent, 30-49 Jahre = 96 Prozent). Während das analoge Fernsehen, gerade bei den Jüngeren Reichweite und Nutzungszeit verliert.
Fünf aktuelle Trends prägen derzeit den Video-Werbemarkt:
1. Video ist viel mehr als YouTube - Advertising jenseits der großen Plattformen
Klar, denkt man an Video und Werbung, kommen einem erstmal YouTube oder soziale Netzwerke wie Facebook und Instagram in den Sinn. Doch es gibt deutlich mehr Angebote. Denn auch zahlreiche Publisher entdecken und produzieren immer häufiger Video-Content für sich und ihre Webseiten. Mehr hochwertiges Instream-Inventar steht zur Verfügung, das als sicheres Werbeumfeld für Marken begehrt ist. Dabei stehen künftig neue, interaktive Werbeformate zur Verfügung: vom Split-Screen über die Shoppable Ad bis hin zum Werbespot mit integrierter Leadgenerierung.
2. Programmatic Advertising setzt sich durch
Digitales Marketing wird künftig von Automatisierung und programmatischer Buchung dominiert – das gilt auch für Videos. Unser Business ist datengetrieben. Klassische IO (Insertion Order) Buchungen, bei denen Unternehmen die Seite, die Laufzeit und den Preis ihrer Werbeanzeige festlegen, nehmen immer mehr ab.
Die Fachgruppe der Online-Mediaagenturen prognostizierte den Wendepunkt für programmatische Buchung für das Jahr 2023. Dann sollen 58 Prozent der Budgets für Display- und Videowerbung über Programmatic-Plattformen laufen. Bei uns war dieser Zeitpunkt früher erreicht – und eigentlich auch im gesamten Markt. Programmatic hat sich flächendeckend durchgesetzt. Seit 2019 machen wir mehr Umsatz mit Programmatic (Video) Advertising als mit klassischen IO-Business. In Zukunft geht es vor allem beim Targeting und bei Sonderwerbeformen um die Themen Standardisierung und/oder Individualisierung. Und es kommen weitere Medien hinzu. Die gilt es einzubinden und alle Touchpoints miteinander zu verknüpfen.
3. Cookieless: Semantic Targeting als Alternative
Die Ära der Third-Party-Cookies geht dem Ende entgegen. Was als Schock für eine ganze Branche begann, ist zur Chance geworden, neuen Technologien und Ansätzen Raum zu geben. Auch ohne Third-Party-Cookies können Nutzer:innen ihren Interessen entsprechend adressiert werden. Teilweise noch besser. Gerade bei Videowerbung ist der Kontext, in dem das Commercial läuft, höchst relevant. Semantic Targeting gibt es zwar bereits seit über zehn Jahren, aber es wird immer besser.
Was wir heute zum Beispiel verstehen, ist, dass User denselben Content in verschiedenen Situationen unterschiedlich nutzen und wahrnehmen. Nicht nur der inhaltliche, sondern auch der situative Kontext ist also interessant. Wir können inzwischen, ohne personenbezogene Nutzerdaten, semantische Zielgruppen bilden. Da wissen wir mit einer hohen Wahrscheinlichkeit, dass bestimmte Menschen einen bestimmten Spot gesehen haben. Und an dieses Wissen kann der Marketer anknüpfen.
4. Connected TV auf dem Vormarsch
Junge Menschen schauen immer weniger lineares Fernsehen, verbringen aber sehr viel Zeit vor Bildschirmen jeglicher Größe. Mittlerweile sind 66 Prozent der TV-Geräte in deutschen Haushalten technisch mit dem Internet verbunden. Die Voraussetzungen sind also gegeben, über den größten Screen - via TV-Gerät - jüngeren Zielgruppen zu erreichen, die dem analogen Fernsehen abhandengekommen sind: Laut der Goldbach Advanced TV Studie 2021 nutzen in der DACH-Region über 70 Prozent der 16-49-Jährigen Connected TV (CTV). Tendenz steigend. In den USA wächst das Segment – wie so oft – nochmal ein ganzes Stück schneller. Der Trend kommt dieses Jahr aber auch in Europa an.
Erste Werbekunden wie Warsteiner sprechen via CTV (Samsung TV Plus) schon ganz bewusst Zuseher an, die keinen Spot im klassischen Fernsehen gesehen haben. Und die Budgets für CTV kommen in der Regel nicht aus dem Digitaletat, sondern aus den deutlich größeren Töpfen für klassisches Fernsehen.
5. Brand Safety: Herausforderung für Marken und Agenturen
Für die Positionierung einer Marke ist natürlich das Umfeld entscheidend. Also die Frage: Auf welcher Seite und in welcher thematischen Umgebung wird die Kampagne gezeigt? Dabei sind viele Videos der Content-Produzenten auf YouTube und in den sozialen Netzwerken für Marken als Umfeld problematisch. Kein Wunder, dass das Thema Brand Safety für 69 Prozent der von der FOMA (Fachkreis Online-Mediaagenturen) befragten Agenturentscheider aktuell ganz oben steht und als "sehr relevant" eingestuft wird. Deshalb werden Videoinhalte innerhalb von redaktionell kuratierten Publisherseiten, die Brand Safety sicherstellen, zunehmend wichtiger.
Zum Autor: Ilhan Zengin ist Gründer und CEO des Video-Startups Showheroes. Seine umfangreiche Expertise im Bereich International Business Development und Advertising stellte er mehrere Jahre als Teil des Managements der Native-Advertising-Plattform Plista unter Beweis, deren Rollout in 15 Märkte er verantwortete.
Gemeinsam mit Mario Tiedemann und Dennis Kirschner gründete Zengin im Jahr 2016 Showheroes. Das Unternehmen mit Sitz in Berlin und Riga bietet Publishern und Werbetreibenden eine Komplettlösung für Content-Produktion, Player-Technologie und Vermarktung von Mobile First Video.