Die auf diesem Weg abgesenkten Preise hätten Möbel für viele Menschen erst erschwinglich gemacht, nun sogar mehrfach im Leben, sagt der Wissenschaftler der privaten WHU Otto Beisheim School. «Die Möbel sind jederzeit austauschbar und können auch aus einer Laune heraus leicht konsumiert werden.»

Ikea: Mehr als ein Ort zum Möbel kaufen

Im blau-gelben Möbelhaus selbst bietet sich den nach skandinavischer Art geduzten Kunden ein umfassendes Einkaufserlebnis einschließlich Kinderbetreuung und Köttbullar-Restaurant. Wo Konkurrenten nur Möbel nebeneinander stellten, schuf Ikea in seinen Ausstellungen ganze Lebensräume und nutzte gleichzeitig moderne Strategien des Einzelhandels: Impuls-Artikel am Ende des Rundgangs und Kundenbindungsprogramme gehören bereits seit Jahren zum Angebot - wie auch die Imbiss-Ecke und die Selbstscanner-Kassen.

Aktuell weitet Ikea sein Angebot an pflanzlichen Speisen aus, setzt auf Elektro-Fahrzeuge und selbsterzeugte Energie und liegt auch damit mitten in den wichtigen gesellschaftlichen Trends. Den einstmals millionenfach gedruckten und verteilten Katalog hat Ikea bereits 2020 gestrichen.

Im Möbelmarkt sind die Schweden ein globaler Gigant mit 231.000 Beschäftigten, 44,6 Milliarden Euro Umsatz und 460 Verkaufsstellen in 62 Märkten. Deutschland war im vergangenen Geschäftsjahr 2021/2022 (30. August) mit einem Umsatz von 5,7 Milliarden Euro erneut der stärkste Einzelmarkt vor den USA, Frankreich und Großbritannien.

Doch die Schweden aus Småland sorgten in den 80 Jahren auch für negative Schlagzeilen. Dazu trug nicht zuletzt Firmengründer Kamprad mit seinem sprichwörtlichen Geiz und seiner jugendlichen Begeisterung für die Nationalsozialisten bei, für die er sich später öffentlich entschuldigte. Seine Landsleute wählten ihn vier Jahre vor seinem Tod im Jahr 2018 zum «Besten schwedischen Unternehmer aller Zeiten».

Mit Stiftungen in Liechtenstein, den Holdings Ingka und der Inter Ikea Holding in den Niederlanden sowie vielen weiteren Firmen ist das Ikea-Geflecht weiterhin fest in Familienhand. Diese komplexe und steueroptimierte Organisation hat nach Auffassung Fassnachts aber keine negativen Auswirkungen auf das Image. «Aus Sicht der Verbraucher ist Ikea weiterhin ein schwedisches Unternehmen», sagt der Marketing-Experte aus Düsseldorf.

Ikea hat rund 1600 Zulieferer und nahezu die ganze Wertschöpfung seiner Produkte unter Kontrolle. Das Vertrauen der Verbraucher in Billy, Pax und Co. ist so groß, dass Ikea-Möbel gebraucht einfacher zu verkaufen sind als viele andere. Ikea tritt dabei sogar selbst als Zwischenhändler auf und verkauft die Stücke über Zweite-Chance-Märkte.

Auf die harte Tour musste Ikea während der Corona-Pandemie allerdings lernen, wie man Kunden außerhalb der blau-gelben Möbelhäuser anspricht, die langfristig an Bedeutung verlieren werden. «Den Online-Trend hat Ikea zunächst verschlafen», stellt Fassnacht fest. Möbelversender wie Otto oder Home24 holten auf.

Inzwischen beträgt der Online-Anteil bei Ikea Deutschland rund 25 Prozent. Die Ikea-Antwort ist eine Marketing-Strategie über alle denkbaren Kanäle mit einer leistungsfähigen App im Zentrum, kleineren Läden in den Stadtzentren und einer wirksamen, familienzentrierten Kundenbindung. Hierzulande betreut Thjnk den Kunden und macht auch mit spontanen Aktionen von sich reden.

Fassnacht sieht die Schweden auf einem guten Weg: «Die Anzahl der regelmäßig genutzten Marken geht bei den meisten Menschen runter. Ikea hat gute Chancen, bei Möbeln die Gewinnermarke zu bleiben, zu der man immer wieder zurückkehrt.»

am/Christian Ebner, dpa

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