Informatenschutz verletzt:
Reichelt-Affäre: Presserat rügt Verleger der "Berliner Zeitung"
Weil er den Informantenschutz in der Affäre um Ex-Bild-Chefredakteur Julian Reichelt verletzt hat, ist der Verleger der "Berliner Zeitung", Holger Friedrich, vom Deutschen Presserat gerügt worden.
Der Deutsche Presserat hat eine Rüge rund um die Affäre des ehemaligen "Bild"-Chefredakteurs Julian Reichelt gegen den Verleger der "Berliner Zeitung", Holger Friedrich, ausgesprochen. Der Rat sieht den Informantenschutz verletzt, wie das Gremium am Donnerstag in Berlin mitteilte. Hintergrund ist, dass sich Verleger Friedrich an den Medienkonzern Axel Springer gewandt hatte, nachdem er von Reichelt kontaktiert worden war. Friedrich hatte das in einem Interview öffentlich bekanntgemacht.
Der Presserat ist die freiwillige Selbstkontrolle der Presse – also von Zeitungen, Zeitschriften und Online-Medien.
Reichelt musste im Herbst 2021 seinen Posten als Chefredakteur der "Bild" räumen und den Springer-Konzern verlassen. Hintergrund waren Vorwürfe des Machtmissbrauchs in Verbindung mit einvernehmlichen Beziehungen zu Mitarbeiterinnen. Der Journalist selbst hatte später von einer "Schmutzkampagne" gegen sich gesprochen und Vorwürfe stets zurückgewiesen.
Derzeit ist vor dem Arbeitsgericht Berlin auch ein Streit zwischen Springer und Reichelt anhängig. Springer wirft ihm vor, Konzern-Informationen nach außen gegeben zu haben, obwohl beide Seiten vereinbart hätten, dass Reichelt diese mit seinem Abgang lösche. In dem Kontext wird auch darüber gestritten, dass sich Reichelt an Friedrich mit Infos wandte. Die Parteien sind sich uneins, ob diese unter das Löschgebot fielen, eine Entscheidung gibt es noch nicht.
Beschwerde gegen Redaktion zurückgewiesen
Der Presserat wies zugleich eine weitere Beschwerde gegen die Redaktion der "Berliner Zeitung" in dem Kontext zurück, weil diese den Informantenschutz gewahrt habe. Es ging bei der Prüfung um einen Artikel der Zeitung, in dem der Chefredakteur über die Preisgabe des Informanten durch seinen Verleger berichtet hatte. Der Rat ist der Ansicht: "Dass Reichelt der Hinweisgeber war, war zum Zeitpunkt der Veröffentlichung bereits bekannt."
Der Berliner Verlag, der die "Berliner Zeitung" herausgibt, äußerte Unverständnis über die Entscheidung des Presserats und verwies auf einen Beschluss des Landgerichts Berlin vor einigen Tagen. Das Gericht wies demnach einen Antrag Reichelts gegen Verleger Friedrich in dem Kontext der Info-Weitergabe an Springer zurück, der eine Verletzung seines Persönlichkeitsrechts bemängelt und Unterlassung unterschiedlicher Äußerungen beantragt hatte.
Unter anderem heißt es in dem Beschluss, der der dpa vorliegt, ein Anspruch auf Unterlassung ergebe sich nicht, weil das Verhalten des Verlegers von seinem Grundrecht auf freie Meinungsäußerung gedeckt sei. Außerdem hieß es an anderer Stelle, dass der Verleger dem Antragssteller gegenüber auch nicht vertraglich zu Quellenschutz und Geheimhaltung verpflichtet gewesen sei.
Vom Berliner Verlag hieß es: "Dass sich der Presserat über den Spruch eines ordentlichen Gerichts hinwegsetzt, wird mit Befremden zur Kenntnis genommen. Der Berliner Verlag wird die Begründung des Presserats würdigen und behält sich eine juristische Prüfung vor." Verleger Holger Friedrich teilte zudem in einem Statement mit: "Kein Journalist und auch nicht der Presserat sollten sich über geltendes Recht hinwegsetzen. Wiederkehrender struktureller Machtmissbrauch in Medien untergräbt die Glaubwürdigkeit und Wirksamkeit einer freien Presse."
Der Anwalt von Julian Reichelt, Ben Irle, teilte wiederum mit, dass man gegen den Beschluss des Landgerichts Beschwerde einlegen werde. (dpa)
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