Stern-Affäre:
Wissenschaftler prüfen Umgang mit gefälschten Hitler-Tagebüchern
Bertelsmann will die Hintergründe um die vor 40 Jahren im Stern veröffentlichten Hitler-Tagebücher wissenschaftlich untersuchen lassen. Die Analyse soll mehrere Jahre dauern.
Rund 40 Jahre nach der Veröffentlichung der gefälschten Hitler-Tagebücher im "Stern" will der Bertelsmann-Konzern die Hintergründe der Affäre von Experten untersuchen lassen. "Bertelsmann lässt den Umgang des Unternehmens mit den gefälschten Hitler-Tagebüchern wissenschaftlich aufarbeiten", teilte der Konzern am Freitag in Gütersloh mit. Der "Stern" zählt zu den Gruner+Jahr-Titeln (RTL) im Bertelsmann-Portfolio.
Im Frühjahr 1983 hatte das Magazin vermeintliche Tagebücher von Adolf Hitler veröffentlicht, die sich nur wenige Tage später als Fälschung herausstellten. Die Veröffentlichung hatte damals einen großen Medienskandal ausgelöst.
Konzernchef Thomas Rabe sagte: "Die Publikation der gefälschten Hitler-Tagebücher im April 1983 bildet ein eigenes Kapitel in der Geschichte des "Stern". Wir halten es für notwendig, den Umgang mit der Entdeckung, Bewertung und Veröffentlichung der gefälschten Tagebücher bei Gruner + Jahr und Bertelsmann wissenschaftlich untersuchen zu lassen."
Man werde einen bereits bestehenden Forschungsauftrag an das renommierte Institut für Zeitgeschichte (IfZ) in München erweitern, hieß es weiter. Dort wird bereits die "Stern"-Geschichte untersucht. Die historische Analyse werde mehrere Jahre in Anspruch nehmen.
Tagebuch-Dokumente bislang nicht frei zugänglich
Im Mai 2022 war bereits die Debatte rund um die Rolle des Ex-"Stern"-Chefredakteurs und Magazininitiators Henri Nannen (1913-1996) in der NS-Zeit neu entfacht worden. Auslöser war ein Beitrag des Rechercheformats "STRG_F" des öffentlich-rechtlichen ARD-Senders Norddeutscher Rundfunk (NDR). Darin ging es um antisemitische Flugblätter im Zweiten Weltkrieg, der Beitrag stellte eine Verbindung zu Nannen her.
Am Donnerstagabend strahlte die ARD das Format "Reschke Fernsehen" aus, in dem es um die gefälschten Hitler-Tagebücher ging. Der NDR teilte dazu mit, dass er Kopien der Tagebücher ausgewertet habe. Der ARD-Sender veröffentlichte seine Recherchen und die Inhalte der Schriftstücke auf seiner Webseite, samt historischer Einordnungen.
Vom "Stern" hieß es auf Anfrage: "Um einen Missbrauch der Fälschungen zu verhindern, hat der "Stern" bislang die Tagebuch-Dokumente – die im Verlagssitz am Hamburger Baumwall sicher aufbewahrt werden – nicht frei zugänglich gemacht." In der Vergangenheit hätten jedoch Interessenten auf Anfrage in Einzelfällen die Chance bekommen, einen Blick auf die Bücher im Archiv zu werfen.
Von Bertelsmann hieß es, dass im Zuge des Forschungsprojektes alle historisch relevanten Unterlagen von Gruner + Jahr ins Unternehmensarchiv von Bertelsmann nach Gütersloh überführt werden. (dpa)
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