Oder aber KI wird selbst zum Werkzeug, zu einer Art neuer Pinsel, der von Menschen benutzt werden kann. Schon jetzt gibt es etwa Algorithmen, die aus Informationen fotorealistische Bilder erstellen. Das bietet neue Möglichkeiten im kreativen Prozess, die wir für uns nutzen können.

Weitere mögliche Rollen sind KI als Assistent, also als Helfer und Zuarbeiter, der einzelne vorbereitende Arbeitsschritte (wie z.B. die Erarbeitung von Text-, Bild- oder Layout-Varianten) autonom übernimmt und so erste Vorschläge oder Elemente der Lösung entwirft. Und KI als Wächter, also Kontrollinstanz, die gegen Ende des Kreativprozesses sicherstellt, dass ich die auf dem Tisch liegenden Vorschläge innerhalb vorgängig definierter Leitplanken wie z.B. CI-Richtlinien oder Vorgaben zur Bildsprache bewegen. Und mittelfristig ist auch eine Rolle der KI als Schöpfer denkbar, der neue Ideen und Motive entwickelt.

Ich bin aber überzeugt, dass es entscheidend ist nicht in den Kategorien "entweder oder" zu denken, denn Kreativität ist und bleibt Teamwork: Mensch UND Maschine, Mathematik UND Magie.

Zunächst müssen sich Mitarbeiter und Kunden aber daran gewöhnen und diese Möglichkeiten erst einmal kennenlernen. Was passiert in diese Richtung schon?

Wir setzen auf drei Ebenen an: Bei den Menschen, den Prozessen und den Produkten. Intern halten wir immer wieder Workshops für Mitarbeiter ab, bei denen wir zeigen, wie man mit verschiedenen Algorithmen arbeiten kann. Das baut Hemmungen ab und bietet oft auch einen spielerischen Zugang.

Für die zweite Ebene, die Prozesse, haben wir einen KI-Prototyp gebaut, der die Bildersuche beispielsweise für Kampagnen erleichtert. Die KI wird dabei mit Bildern aus der bestehenden Kommunikation eines Unternehmens gespeist und filtert daraus eine Art DNA für die Bilder heraus. Wenn man das mit BMW-Bildern macht, weiß die KI hinterher, was das spezifische an BMW-Bildern ist. Mit der Suchmaschine lassen sich dann weitere Motive finden, die genau zu dieser DNA passen. Unsere Kreativen können dann wiederum entscheiden, welche Bilder sie weiterverwenden.

Die dritte Ebene sind Kundenprojekte, die bereits umgesetzt werden. Wir haben beispielsweise eine App entwickelt, die aus einem WhatsApp-Chatverlauf Inhalte und Protagonisten erkennt und daraus dann einen Comic baut.

Technische Dienstleister greifen das angestammte Terrain von Agenturen an. Welche Grabenkämpfe kommen da auf Sie zu?

Dass Kreativität disruptiert wird, ist keine Frage mehr. Es geht vielmehr darum, wie wir die Zukunft mit den Adobes dieser Welt gestalten. Da entstehen Dinge, die in unser Terrain eingreifen und zwar in einer sehr hohen Entwicklungsgeschwindigkeit. Als Agentur muss man sich fragen: Wie nutzen wir das? Wir haben noch immer große Vorteile: Agenturen sind um Kreativität herum aufgebaut, das ist unser Kernthema. Und wir haben Empathie. Wir versuchen uns immer wieder in andere Menschen hineinzuversetzen.

Was KI in der kreativen Arbeit bedeutet, erläutert Klaus Schwab auch auf der Munich Marketing Week, die vom 4. bis 6. Juni 2019 in München stattfindet. Holen Sie sich inspirierende Ideen für morgen, lernen Sie Technologien kennen, die sich nach Zukunft anhören, aber jetzt schon Realität sind. Mehr Informationen zum Programm und den Referenten finden Sie hier.


Franziska Mozart
Autor: Franziska Mozart

Sie arbeitet als freie Journalistin für die W&V. Sie hat hier angefangen im Digital-Ressort, als es so etwas noch gab, weil Digital eigenständig gedacht wurde. Heute, wo irgendwie jedes Thema eine digitale Komponente hat, interessiert sie sich für neue Technologien und wie diese in ein Gesamtkonzept passen.