Die Cebit war und ist eine Mixtur aus B2B und B2C Format, das immer als Messe gedacht war. Dieses Format nun durch Festival-Elemente wie Konzerte zu bereichern, reicht nicht aus, um es mit dem globalen Leit-Event SXSW zu vergleichen." Stellt sich die Frage, ob sich die Verjüngung bemerkbar macht? Plass sagt dazu: "Als Festival mit neuen Konferenz- und Start-up-Formaten macht die Cebit den Besuchern neue Angebote, Inhalte aufzunehmen."

Nur müssen jetzt auch die Unternehmen mitmachen. Paravicini sieht hier Verbessungsbedarf: "Die Aussteller haben das neue Konzept unterschiedlich stark angenommen." Ihr Kunde Vodafone unterstützte das neue Konzept der neuen Cebit. "Im Vergleich zum letzten Jahr haben sie ihre Fläche von etwa 2.000 auf 6.500 Quadratmeter erheblich vergrößert. Das gesamte Designkonzept orientiert sich an Begriffen wie 'offen, flexibel und anfassbar'."

Damit verabschiedet sich Vodafone vom geschlossenen, architektonischen Messepalast und öffnet sich. Paravicini sagt: "mehr Expo denn Messe. Mehr individuelles Erleben denn Massenbeschallung. Auch bei Intel geht es ums Erlebnis: Wer möchte, kann auf einer künstlichen Welle im Freigelände reiten. Ein weiteres Paradebeispiel für den neuen Messecharakter ist SAP, die im Zentrum ihres Messestandes ein Riesenrad positioniert haben und damit ein Landmark der neuen CeBIT schafften."

Macht sich die Verjüngung positiv oder negativ bemerkbar? Plass glaubt, der neue Zeitslot mit der Stimmung des aktuellen Jahrhundert-Sommers, in Kombination mit Veranstaltungen außerhalb der Messehallen, seien ein riesiger Gewinn. "Ich sehe das Ganze erst einmal ausschließlich positiv."

"Honoriert den Schritt nach vorne"

Daniel Simon, CCO Aperto/IBM iX sieht es ebenfalls positiv optimistisch: "Vorweg: Leider fehlt für ein Festival etwas Sonne. Die Cebit wird leider so schnell keine SXSW oder eines der anderen Events werden, die gerne zum Vergleich herangezogen werden. So was braucht einen Moment mehr Zeit. Was ich mir wünschen würde: weniger (deutsche) Skepsis und Voreingenommenheit, wenn sich etwas neu erfindet. Gebt Reinvention eine echte Chance, honoriert den Schritt nach vorne. Und vor allem: Kommt her und schaut es euch selber an. Das hätte ich mir von unserer Kanzlerin auch gewünscht, wenn gleich Herr Altmeier in Vertretung wahrscheinlich seine beste Rede zur Lage der digitalen Nation gehalten hat. Das war spitze."

Bei IBM mitten auf dem Messegelände sei durchgängig sehr viel los, sagt Simon. "Nur spielt das Wetter nicht mit und etwas mehr Besucher könnten es generell auch sein. Denn die Themen und Inhalte der Cebit sind durchwegs super. Salesforce bespielt beispielsweise eine ganze Halle mit vielen Topics, die sich die Europäer eigentlich anschauen sollten, wenn man sich die Dreamforce in San Francisco  nicht leisten möchte oder kann." Die Hausmesse von Salesforce war mit zuletzt 170.000 Besuchern sogar größer als die Cebit. 

Simon betont, das die Besuchspflicht auch für Hannover gelte: "Das gilt für jede Menge andere Aussteller mit ihren Themen ebenso. Ich frage mich wirklich, warum nicht mehr hier sind. Denn genau so ein Format braucht es in Europa und das Messegelände ist angenehm, weil geräumig und super angebunden – viel besser als z.B. die Dmexco in Köln. Dort ist es zu laut und alle positionieren sich ähnlich."

Auf der Cebit im IBM Cloud Lifter: Daniel Simon von Aperto

Auf der Cebit im IBM Cloud Lifter: Daniel Simon von Aperto

Daniel Simon ist nicht ganz unvoreingenommen. Er ist mit der Agentur Aperto und der IBM iX Agenturfamilie erstmals mit einem großen Bereich am IBM Stand dabei. Die Location des Standes ist anders als in früheren Jahren in einer Messehalle nun mittendrin, unter dem Expo-Dach gleich gegenüber vom Festivalgelände. Sein Blick rundherum: der IBM Cloud Lifter (hebt Besucher in rund 70 Meter Höhe), das SAP Riesenrad, die Intel Surfwelle, Liegestühle und die große Bühne wo am Abend Jan Delay auftreten wird.


Autor: Leif Pellikan

ist Redakteur beim Kontakter und bei W&V. Er hat sich den Ruf des Lötkolbens erworben - wenn es technisch oder neudeutsch programmatisch wird, kennt er die Antworten. Wenn nicht, fragt er in Interviews bei Leuten wie Larry Page, Sergey Brin oder Yannick Bolloré nach.