Nielsen-Bruttozahlen:
Sommer nagt an klassischen Medien
Nach dem Werbemonat Juli wird in der Nielsen-Bruttostatistik immer deutlicher: Der klassische Werbemarkt stagniert. Aber es gibt auch Profiteure.
Die klassischen Medien treten zum Start der zweiten Jahreshälfte auf der Stelle. Das zeigen zumindest die aktuellen Bruttowerbezahlen, die der Marktforscher Nielsen veröffentlicht hat: Knapp 16,8 Milliarden Euro haben die Werbungtreibenden in der Zeit von Januar bis einschließlich Ende Juli in den klassischen Medien ausgegeben, 0,1 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum.
Bei den Gattungen verzeichnet Mobile nach wie vor das größte Plus – mit jetzt knapp 70 Prozent Zuwachs gegenüber 2017. In mobile Werbung wurden in den ersten sieben Monaten des Jahres laut Nielsen 510 Millionen Euro brutto investiert.
Desktop dagegen leidet unter den gestiegenen Mobile-Spendings: Internet-Werbung verzeichnet Einbußen in Höhe von 6,3 Prozent.
Wer verliert, wer gewinnt
Bei den klassischen Bewegtbild-Anbietern dürfte Ratlosigkeit herrschen – hier nagt der Sommer besonders am Umsatz. Zwar bleibt die Gattung TV mit Spendings in Höhe von knapp 7,8 Milliarden Euro das Werbemedium schlechthin. Allerdings gibt Fernsehen gegenüber dem Vorjahr um 1,06 Prozent nach. Damit hat der Juli den Trend ins Minus weiter verstärkt; nach sechs Monaten war die Gattung Ende Juni nur mit 0,1 Prozent weniger Bruttoumsatz gelistet. Zieht man die üblicherweise inzwischen recht hohen Rabatte ab, dürfte bis Ende Juli netto einiges in den Kassen der TV-Vermarkter fehlen.
Noch heftiger trifft es in diesem Jahr das Bewegtbildmedium Kino: Werbung in Lichtspielhäusern bricht bis Ende Juli gegenüber dem (sehr starken) Vorjahr um gut 15 Prozent ein. Doch fürs zweite Halbjahr erwartet die Branche noch Starts diverser vielversprechender Blockbuster.
Der Out-of-Home-Branche geht es ähnlich; nach einer langen Wachstumsphase geht der Bruttoumsatz mit der inzwischen weitläufig digitalisierten Außenwerbung um 1,68 Prozent zurück. Publikum- und Fachzeitschriften verlieren ebenfalls.
Die genauen Zahlen sind der Tabelle zu entnehmen.
Radio verzeichnet ein weiterhin starkes Werbejahr mit einem Plus von jetzt 3,3 Prozent auf 1,06 Milliarden.
Zu den drei Gattungen mit Zuwächsen nach Bruttoumsatz zählt in der Nielsen-Statistik nach sieben Monaten ebenso die Zeitung. Zwar sind es nur gut 0,6 Prozent, die die Blätter zwischen Januar und Juli gegenüber 2017 mehr erlöst haben. Doch in einer Tabelle, in der Minuszeichen überwiegen, ragen die Pluszeichen eben heraus.
Woher kommt die Flaute?
Hohe Temperaturen, mit denen eine gewisse Medienabstinenz einhergeht, oder auch die Fußball-WM von Mitte Juni bis Mitte Juli wurden bereits von diversen Medien als Umsatzbremsen genannt. An den Werbungtreibenden liegen die teils recht flauen Bruttoleröse nur bedingt. Der Spendabelste war im Juli erneut Procter & Gamble, der die Liste der Top-10-Werbungtreibenden immer noch deutlich anführt: Mehr als 508 Millionen Euro, 9,9 Prozent mehr, gab der Hersteller hinter Marken wie Bounty, Pampers oder Ariel bisher im Werbejahr 2018 in den klassischen Medienkanälen aus – und damit mehr doppelt so viel wie der Zweite in den Top 3, Ferrero (230 Millionen).
Dahinter folgt L’Oréal mit 188 Millionen; der Kosmetikkonzern hat sein werbliches Engagement im Vergleich zum Vorjahreszeitraum allerdings erneut reduziert – dieses Mal um 2,4 Prozent. Und was ein Dickschiff wie Lidl nicht zusätzlich ausgibt, wird innerhalb der Schwarz-Gruppe eben zur Schwester Kaufland verschoben.
Hier die Übersicht:
So manches Werbeminus mag zum Teil an der Systematik der Bruttozahlen selbst liegen: Unternehmen wie Procter & Gamble haben im großen Stil eigene Systeme für den via Programmatic gesteuerten Einkauf von Werbekontakten aufgebaut – ein Posten, der in klassischen Brutto-Bilanzen nicht mehr erfasst wird. Unter anderem aus diesem Grund dürften die Veränderungen bei digitalen Spendings von Nielsen kaum mehr richtig abgebildet werden.
Im Zeitalter der GAFAs (Google, Amazon, Facebook, Apple), die im Onlinewerbemarkt eine bedeutende Rolle spielen, funktioniert diese Art der Marktbetrachtung ohnehin nicht mehr. Experten schätzen, dass in Deutschland mehr als zwei Drittel aller Onlineausgaben bei diesen internationalen Plattformen landen – vorbei an den Statistiken der Marktforscher. Schlicht deswegen, weil die GAFAs weder Umsätze noch Kunden melden.
In der Statistik fehlt also ein ziemlich großes Stück vom Onlinewerbemarkt, der unterm Strich weiter kräftig wächst.