LFK-Studie sondiert Chancen:
Was jetzt für die Zukunft des Lokalradios getan werden muss
Bei der wachsenden Streaming-Konkurrenz das Lokalradio besser fördern will die Stuttgarter Medienanstalt LFK - auf Basis einer aktuellen Studie von Goldmedia.
Wo wird der lokale Hörfunk im Jahr 2025 in Baden-Württemberg stehen? Wie wird sich das klassische Medium mit seiner Vor-Ort-Orientierung im zunehmend digitalen Wettbewerb mit Audio im Netz, mit Streaming und mit neuen Anbietern behaupten? Welche Stellschrauben müssen jetzt gezogen werden, um dem Lokalfunk auch Mitte des kommenden Jahrzehnts gute Marktchancen einzuräumen?
Mit diesen Fragen beschäftigt sich das Gutachten zur "Ausgestaltung der lokalen Hörfunklandschaft in Baden-Württemberg 2025", das die Goldmedia GmbH Strategy Consulting im Auftrag der Stuttgarter Landesanstalt für Kommunikation Baden-Württemberg (LFK) angefertigt und jetzt vorgelegt hat.
Um es vorweg zu nehmen: Es sieht nicht schlecht aus fürs Radio vor Ort zwischen Bodensee und Pfalz, wo es neben dem Lokalfunk auch Bereichssender wie Radio 7 gibt - wenn bestimmte Voraussetzungen gegeben sind. LFK-Präsident Wolfgang Kreißig schickt voraus: "Alle Studien zeigen, dass starke Marken wie die unserer privaten Hörfunkveranstalter nachgefragt und beliebt sind und bislang nicht von Diensten wie Spotify verdrängt werden." Damit das auch so bleibt und Chancen genutzt werden können, "um mit neuen Allianzen und Kooperationen die technische Teilhabe an Alexa, Siri und Co und die Auffindbarkeit in der digitalen Welt zu gestalten" (Kreißig), legt Goldmedia eine zielgerichtete Förderpolitik nahe.
Die Vorschläge basieren auf folgenden Ergebnissen
- Glück hat das "Ländle" zumal es zu den Bundesländern mit Bevölkerungszuwachs und damit potenziell mehr Hörern zählt. Goldmedia rechnet damit, dass durch Zuwanderung und Flüchtlinge die Bevölkerungszahl dort bis 2025 um mindestens 570.000 Einwohner ansteigen wird.
- Der Hörfunk-Werbemarkt bleibt der Studie zufolge "zyklisch und konjunkturabhängig"; Goldmedia erwartet einen Anstieg bis 2021 auf rund 68 Millionen Euro in Baden-Württemberg. Dann sei ein Absinken bis 2025 auf 59 Millionen Euro möglich, heißt es.
- Das korreliert mit Aussagen zur Konkurrenzsituation: "Klassisches Radio bleibt bis 2025 weiter relevantes Massenmedium - trotz leicht sinkender Reichweiten wegen des steigenden Streaming-Wettbewerbs. Dieser bietet aber auch für die Anbieter zusätzliche Verbreitungschancen", heißt es da.
- Streaming-Angebote wie klassisches Webradio oder Musikstreaming-Dienste entwickeln sich demnach weiter und gewinnen an Relevanz.
- Für die Übertragungswege gilt: Das Smartphone ist laut Goldmedia "Endgeräte-Sieger", und 87 Prozent aller Haushalte würden 2025 über mindestens ein Smartphone verfügen, heißt es.
- Fürs digitale Radio gilt nach Goldmedia-Berechnungen: Von heute 14,5 Prozent startend, werden in Baden-Württemberg rund 42 Prozent der Haushalte 2025 mindestens einen DAB+ Empfänger haben. Dies entspricht rund 2,1 Millionen Haushalten. Bis 2025 werden zudem rund 35 Prozent aller Pkw in Baden-Württemberg ein Empfangsgerät für DAB+ haben.
Wolfgang Kreißig fügt bei diesem Punkt hinzu: "DAB+ kann mit einen wesentlichen Mehr an Förderung durchaus in Zukunft ein relevanter Radio-Übertragungsweg werden."
Auf Basis dieser Ergebnisse hat Goldmedia 4 Szenarien entwickelt:
In einer Sache sind sich die Marktfoscher sicher: "Egal welche Szenario-Annahme: Der Nutzungs-Marktanteil für Simulcast-Streaming wird immer rund 20 bis 30 Prozent erreichen." Goldmedia empfiehlt, dass sich die LFK hier "positionieren und Radio-Anbieter im Wettbewerb unterstützen" könne.
Auch DAB+ könne sich mit einer Förderpolitik durchsetzen, angestoßen von der Medienanstalt. Fehlt der Obulus für die Kleinen im Markt, "droht eine Doppel-Versorgung mit unklaren Perspektiven für die Anbieter aufgrund des Wettbewerbsdrucks aus dem Streaming-Bereich", heißt es.
Für die LFK ist zudem ein wichtiger Punkt, dass das Smartphone "zum zentralen Endgerät" wird.
Wo was getan werden muss
Doch die LFK-Studie lässt auch die Schwachstellen im Markt nicht unter den Tisch fallen: Ein realitätsnahes "Status quo"-Szenario führt aus Sicht der Verfasser "zu schwierigen Marktverhältnissen" für die Radiomacher. Als Lösung würden sich für die Zukunft verschie-dene offenere Lizenzierungsmodelle anbieten. "Dazu zählen ebenso Programmkooperationen wie Funkhausmodelle und Kombi-Ausschreibungen für DAB-Plattformbetreiber", lautet ein Vorschlag. Modelle, wie es sie etwa schon im bayerischen Lokalfunk gibt.
Deutlich wird, dass es vor allem die inhaltliche Lokalität der baden-württembergischen Lokalradios ist, die im zunehmenden Wettbewerb einen wesentlichen Vorteil darstellen. Diese Ausrichtung sei ebenso "eine wichtige Zielgröße wie die wirtschaftliche Stabilität", heißt es. Und: "Diese Ziele lassen sich durch eine substantielle Gestaltung der LFK bis 2025 erreichen."
Auch will die LFL die Vielfalt im Land erhalten - die sich derzeit so darstellt:
Was wird die Medienanstalt LFK tun?
Einiges - und Wolfgang Kreißig möchte das im deutlich größeren Rahmen tun. Die LFK sehe in dem Gutachten auch eine "wichtige Erkenntnisgrundlage für die Politik". Die Ergebnisse der Studie kennen die Gremien der Medienanstalt und die Hörfunkveranstalter demnach bereits. Kreißig: "Das sehen wir als Auftakt eines gemeinsamen Strategie- und Denkprozesses, den wir als LFK gerne anstoßen, weiter vorantreiben wollen und auch müssen."
Im kommenden Frühjahr soll nun zur Zukunft des lokalen und regionalen Radios ein regelmäßiger fachlicher Austausch initiiert werden, "zu dem auch die öffentlich-rechtlichen Sender als wichtige Partner eingeladen sind — denn Lösungen müssen gemeinsam gefunden werden", betont der LFK-Präsident.
Fürs lokale Radio in Bayern hatte der Senderverband VBRA erst Ende Oktober zu den Medientagen München ein Szenario vorgelegt, wonach unter anderem der rasante Zuwachs an Konkurrenz massiv am Werbeumsatz der Hörfunker nagen könnte. Hier wurde unter anderem ein stufenweiser Abbau der Werbeflächen im BR-Radio nach NDR- und WDR-Vorbild gefordert.