Datenschutz:
Facebook sperrt Datenhändler wie WPP aus
Facebook unternimmt weitere Schritte, um das Nutzervertrauen zurückzugewinnen. Ab sofort legt es die Zusammenarbeit mit mehreren großen Datenanalyse-Firmen auf Eis.
Das Social Network Facebook übt sich nach der Diskussion um die umstrittene Daten-Nutzung von Cambridge Analytica weiter in Aktionismus. Jetzt kündigte das Unternehmen an, seine Zusammenarbeit mit mehreren großen Datenhändlern beenden zu wollen - und das innerhalb von sechs Monaten. Wie das "Handelsblatt" berichtet, wurden dabei die Unternehmen WPP, Experian, Transunion und Acxiom namentlich genannt. Diese konnten bislang über den Service "Partner Categories" spezifische Zielgruppen für ihre Kunden adressieren - beispielsweise Kunden, die ein bestimmtes Produkt gekauft hatten. Werbekunden haben aber wohl weiter die Möglichkeit, mit Drittanbietern zusammenzuarbeiten.
Auch bei der Messung von Kampagnenerfolgen setzt Facebook- zumindest vorerst - auf Datensparsamkeit. Entsprechende Dienstleister sollen künftig keine anonymisierten Daten mehr erhalten. Der Schritt solle den Schutz der Privatsphäre auf Facebook verbessern - auch wenn der aktuelle Zustand dem üblichen Vorgehen in der Branche entspreche, heißt es in der knappen Mitteilung.
Facebook ist in den vergangenen Wochen wegen der Geschäftsauffassung der Firma Cambridge Analytica massiv unter Druck geraten. Wie der inzwischen geschasste Chef Marvin Nix sein Geschäftsmodell verteidigt, lesen Sie hier im W&V-Interview. Die Analysefirma, die unter anderem für das Wahlkampfteam von Donald Trump arbeitete, hatte sich Informationen von Dutzenden Millionen Facebook-Nutzern beschafft, die eine Umfrage-App gesammelt hatte. Die Verwendung der Nutzerdaten sollte ursprünglich auf die Verbesserung der jeweiligen Apps beschränkt sein. Der Psychotest-Entwickler verkaufte sie jedoch entgegen der Facebook-Geschäftsbedingungen an Cambridge Analytica weiter. Facebook erfuhr 2015 davon, gab sich aber mit der Zusicherung zufrieden, dass die Daten gelöscht worden seien. Die betroffenen Nutzer wurden nicht informiert - was jetzt nachgeholt werden soll. Zudem schränkte Facebook den Zugang von App-Entwicklern zu Nutzerdaten weiter ein.
Erst gestern hatte Facebook mit der Ankündigung verbesserter Privatsphäre-Einstellungen und Kontrollmöglichkeiten den Weg an die Öffentlichkeit gesucht. Zudem können Nutzer alle ihre Beiträge und Informationen herunterladen und zu anderen Diensten verlagern. Mit den Neuerungen setzt Facebook die EU-Datenschutzgrundverordnung um - in der Ankündigung blieb dies jedoch unerwähnt, so dass sie in Medienberichten oft als Reaktion auf den aktuellen Datenskandal bezeichnet wurden. Einige Nutzer berichteten, sie hätten beim Herunterladen ihrer Daten entdeckt, dass Videos, die sie mit der Kamera der Facebook-App aufgenommen und danach verworfen hatten, trotzdem auf den Servern des Netzwerks gespeichert blieben. Facebook erklärte dem "New York Magazin", man prüfe den Sachverhalt.
Unterdessen wurde bekannt, dass die "Financial Times" und das Magazin "Economist" auf Dienste von Cambridge Analytica zurückgegriffen hatten. Ein "Economist"-Sprecher sagte der Website "Buzzfeed", die Firma habe lediglich eine Einschätzung zur Größe des US-Marktes erstellt. Man wisse nicht, ob Cambridge Analytica dabei auch auf Facebook-Daten zurückgegriffen habe. Auch die "Financial Times" erklärte, es sei um eine kurze Zusammenarbeit in der Marktforschung gegangen.
Apple-Chef Tim Cook rechnet nach dem Skandal mit einer schärferen Datenschutz-Regulierung. Er hätte sich gewünscht, dass Facebook und andere Online-Dienste von sich aus die Datensammlung und Erstellung von Nutzerprofilen eingeschränkt hätten, sagte Cook in Chicago bei einem Bühnen-Interview. Selbstregulierung sei aus seiner Sicht immer besser - aber dafür sei es jetzt zu spät. Zugleich ging der Apple-Chef klar auf Distanz zu Facebook und Firmenchef Mark Zuckerberg: Auch Apple hätte eine Menge Geld mit den Daten der Kunden verdienen können, habe sich aber dagegen entschieden. Apple macht seine Milliardengewinne vor allem mit Geräten wie dem iPhone - und betont stets, dass man deshalb viel konsequenter beim Datenschutz sei. Auf die Frage, was er in der aktuellen Lage von Zuckerberg tun würde, schnitt Cook ab: "Ich würde nicht in dieser Situation sein."
mit dpa