Da ist zunächst die technische Komplexität einer solchen Plattform: Das technologische Ökosystem für Retail Media entsteht gerade erst, der Markt ist stark fragmentiert. Händler müssen oft mit verschiedenen Technologieanbietern zusammenarbeiten, deren Systeme sich unter Umständen noch nicht lange im Betrieb bewähren konnten. Der Aufbau der verschiedenen Systeme und die Integration in die bereits bestehende eigene Infrastruktur ist äußerst anspruchsvoll.

Das wirkt zurück auf die Organisation. Retail Media ist eine besonders komplexe Disziplin im Bereich Media. Um die Umsatzchancen zu nutzen, braucht es eine effiziente und skalierbare Organisation im Hintergrund. Das erforderliche Tempo bei der Umsetzung stellt viele Einzelhändler vor große Schwierigkeiten, denn die internen Prozesse sind häufig nicht agil genug.

Dabei muss unbedingt die Customer Experience im Mittelpunkt stehen. Eine Priorisierung der Monetarisierung gegenüber dem Kundenerlebnis, die vielleicht für viele unerfahrene Händler naheliegend wäre, würde zu niedrigeren Konversionsraten und geringerem Lifetime-Value führen. Die Betreiber hätten dann zudem Schwierigkeiten, die langfristige Wirkung der Mediabuchungen zu messen und die Monetarisierung mit einer effektiven Personalisierung zu verbinden. Das Budget für eine Retail-Media-Plattform, die nicht konsequent auf der Customer Journey basiert, wäre falsch investiertes Geld.

Natürlich wird ein solches System darauf ausgerichtet sein, möglichst viele Werbebuchungen zu generieren. Doch entscheidend ist, dass die weniger offensichtlichen, aber nicht weniger herausfordernden Bereiche beim Betrieb des Media-Geschäfts nicht übersehen werden. Ohne die Berücksichtigung von Governance-Prozessen, Finanzanforderungen oder Audit-Standards wird der Betreiber nicht lange Freude am System haben.

Schlüsselfaktoren für den Erfolg

Händler, die Retail Media-Kunden von sich überzeugen und dauerhaft zufrieden machen wollen, benötigen von Anfang an eine klare Strategie und Kultur. Das geht nicht ohne die volle Unterstützung der Geschäftsleitung für den Aufbau eines neuen Geschäftsbereichs, der mit eigenen KPIs, einer eigenen Kultur und einem eigenen Betriebsmodell ausgestattet wird. Es bedarf einer agilen Produktmentalität zum Aufbau einer iterativen, sich weiterentwickelnden Media-Lösung.

Das Produktangebot einer solch florierenden Media-Plattform muss stark ausdifferenziert gestaltet sein. Es erfordert zunächst Investitionen in die Entwicklung kundenspezifischer Software. Dazu kommt die Anbindung eines flexiblen Partner-Ökosystems. Die Händlersysteme müssen umfangreich und möglichst bruchlos integrierbar sein. Nur durch eine weit reichende Automatisierung der Prozesse wird am Ende die weitere Skalierbarkeit ermöglicht.

Zentral wichtig ist dann die effektive Mobilisierung der Kunden: Eine ausgefeilte Go-to-Market-Strategie zielt auf mehrere Budgetpools der Kundschaft ab – die Plattform bündelt Angebote für die Brand, für den E-Commerce, für Shopper und Insights. Werbetreibende erwarten klar differenzierte Nutzerversprechen und Use-Cases auf der Plattform: Lassen sich in der Praxis Produktbündel schnüren? Erfolgt die Preisgestaltung datengesteuert? Ein solches System bietet Lösungen fürs Produktmarketing, für Branding und PR, aber auch für Schulungen und den Support für User.

Schließlich erfordert der Betrieb einer solchen Retail-Media-Lösung hohe Skalierbarkeit und Flexibilität. Das gilt nicht nur für die Technik, sondern auch für die beteiligten Teams im Vertrieb, im Anzeigenbetrieb und im Design sowie in den unterstützenden Geschäftsfunktionen wie etwa Recht, Data Governance oder Finanzen. Ein flexibles Betriebsmodell ermöglicht Self-Service-, aber auch Managed-Service-Optionen über alle Kanäle hinweg. Es befähigt zur technischen Skalierung, ohne dass der Personalbedarf linear dazu ansteigt. So bleibt die Retail-Media-Lösung auch bei schnellem Wachstum finanzierbar – und das nötige Media-Budget in einem realistischen Rahmen. Das freut dann auch die Markenartikler, die sich für ein solch professionell gemanagtes Retail-Media-System entscheiden.


Zum Autor:

David Billings (VP Digital Media bei EPAM Systems Inc.). David leitet den Bereich Digital Media bei EPAM. Zuvor war er Global Director of Retail Media Platforms bei Dunnhumby, wo er für die Einführung von Media-Plattformen bei großen Händlern auf der ganzen Welt verantwortlich war. Davor war er mit dem Aufbau und der Leitung des Digital-Media-Geschäfts von Accenture im Vereinigten Königreich und Irland betraut.


Autor: W&V Gastautor:in

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