3-D-Billboards :
Leuchtturmprojekte: 3D-Billboards sprengen die Grenzen
Die 3-D-Pioniere wollen es wissen. Mit klassischer Produktwerbung geben sie sich nicht zufrieden und wagen sich an komplexen Content mit emotionaler Ansprache. Die ersten Erfahrungen sind ermutigend.
Ein einsamer Mann am Strand springt ins Meer, taucht tief ins Wasser ein und erlebt, wie von allen Seiten Menschen auf ihn zuschwimmen: Im Nu bilden diese einen riesigen Schwarm, der kontinuierlich wächst. Mit dieser spektakulären 3-D-Kreation wirbt die südkoreanische Hafenstadt Busan (früher Pusan) auf einer gekrümmten LED-Fläche mit 31.000 Leuchten im Glitzerviertel Gangnam der Hauptstadt Seoul um die Austragung der Expo 2030.
Einmal mehr macht die Designhochburg D’Strict, die sich auf die 3-D-Bebilderung von kühnen Visionen spezialisiert hat, mit einem aufsehenerregenden Raumerlebnis von sich reden. Über eine Minute lang erleben Passanten, wie ein Einzelkämpfer - der natürlich das im Ausland weitgehend unbekannte Busan repräsentiert - mit einem mutigen Sprung Tausende oder gar Millionen Menschen mitreißt.
Die Grenzen der Realität sprengen
Mit solchen Spots bewegt sich die junge Branche der 3-D-Werber weg von konventioneller Produktwerbung und nimmt erste Anläufe in die Metaverse-Welt. Die Pioniere spekulieren offensichtlich auf eine veränderte Rezeption ihrer Spots. Die Passanten nehmen sich fürs Betrachten Zeit und sind für emotionale Botschaften empfänglich. Das macht auch komplexen Content auf digitalen Leinwänden möglich. Viel hängt vom Einzelfall ab. Der D’Strict-Spot appelliert an den Patriotismus der Südkoreaner, die zweitgrößte Stadt des Landes bei einer ambitionierten Bewerbung zu unterstützen.
Der britische DooH-Experte Dave Haynes zieht den Vergleich zur amerikanischen Superbowl-Werbung. "Solche Auftritte möchten die Verbraucher wirklich sehen", gibt Haynes zu bedenken. Auch der Standort sei wichtig. Auf dem Screen in Gangnam haben die Passanten wiederholt kreative Highlights von D’Strict erlebt und sind allein deshalb neugierig. "An Hotspots wie Times Square in New York, wo kurzformatige 2D-Werbung auf unterschiedlichen Screens dominiert, ist der D’Strict-Minuter hingegen eine echte Herausforderung", kommentiert Haynes.
Das gilt vermutlich auch für den Spot "Break the Fake", den Dentsu Italia für das Außenwerbungsunternehmen Urban Vision realisiert hat und der auf einem Mailänder Corso geschaltet wurde. Eine junge Frau räumt Falschmeldungen über Corona-impfstoffe, die bis zu einer Million Italiener erreichen, buchstäblich aus dem Bildschirm bzw. wischt diese einfach weg.
An Times Square, Piccadilly Circus und anderen internationalen DooH-Hotspots ist das 3-D-Zeitalter längst angebrochen, wie die phantasievollen Auftritte von Amazon Prime, Netflix, Deliveroo und Glenfiddich zeigen. Seit Februar bewirbt Samsung die runderneuerte Fotografietechnik des Premium-Smartphone S22 Galaxy mit der Tiger-in-the-City-Kampagne. Auf den LED-Bildschirmen in fünf Metropolen setzt eine farbenprächtige Raubkatze unter dem Claim "Ready to break the rules?" zum spektakulären Sprung aus einem virtuellen Glaskasten in die Außenwelt an. Die inhouse produzierte Kampagne macht aber auch das Dilemma von dreidimensionaler DooH-Werbung deutlich.
Weil in vielen Ländern die Zahl der gekrümmten Großflächen-Screens an den Fingern einer Hand abgezählt werden kann, leben die DooH-Werber weiterhin von spektakulären Einzelauftritten fürs globale Publikum. Für markt- und zielgruppenspezifische Ansprachen müssen sie besondere Kreationen entwickeln. In Polen beispielsweise ist das Marriott-Hotel in Warschau der einzige Standort mit gekrümmten 3-D-Bildschirmen. Mit polnischen Agenturen realisierte Samsung einen Auftritt, der neben dem S22 auch weitere Smartphones bewirbt, die für den regionalen Markt entwickelt wurden. Stolz spricht der Konzern von der ersten dreidimensionalen DooH-Werbung im östlichen Nachbarland.
Auch in Deutschland steckt die 3-D-Werbung noch in den Kinderschuhen. Frank Goldberg, Geschäftsführer des Verbands für Digital Out of Home IDOOH, spricht im W&V-Interview über die Rekorde und Herausforderungen der Branche.
Der Kampagne von Goldbach für das Mode- und Parfümunternehmen Puig, die Ende 2021 dessen Marke Paco Rabanne mit einem metallischen Roboter im Flacon-Format am Berliner Mercedes-Platz bewarb, sind bislang kaum vergleichbare Auftritte gefolgt. Das wird wohl nicht lange so bleiben. Die Zahl der Marken, die Freude am Experimentieren empfindet, nimmt stetig zu. Jüngstes Beispiel ist ein Spot von Hyundai Motor India über den neuen Venue. Rund vier Minuten lang erlebt der Kunde alle wichtigen Produktdetails des SUV in 3-D, der Spot selbst wurde in zwei Monaten Schritt für Schritt aktiviert.
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