Hat Sie die Entscheidung besonders getroffen?

Heuel: Wenn man um eine Marke nicht mitpitchen darf, für die man fast 20 Jahre lang überaus erfolgreich gearbeitet hat, trifft einen das in erster Linie natürlich emotional. Und mit Wucht. Denn wenn man etwas verliert, ohne darum kämpfen zu können, ist das schwer zu verstehen und noch schwerer zu vermitteln. Der Pitch wurde ja initiiert, um die Kommunikation der Marke zu zentralisieren. Und nicht, weil Volkswagen mit unserer Performance irgendwie unzufrieden war. Wir haben den Weg der Marke in die Oberklasse und an die Spitze der Branche begleitet, wir haben hunderte internationale, nationale und auch regionale Marken- und Modell-Kampagnen entwickelt, zig Carlines erfolgreich gelauncht, wir haben hunderte Kreativ-Preisen für Volkswagen gewonnen, ein bisschen Werbegeschichte geschrieben, die Agentur ausgebaut und transformiert, Talente begeistert und an uns gebunden und haben einen erheblichen Anteil daran, dass Volkswagen regelmäßig als kreativste Marke der Welt da steht.

Wie geht es für die VW-Teams weiter?

Heuel: Zunächst mal läuft unsere Zusammenarbeit mit Volkswagen PKW eher langsam aus, da wird jetzt nicht abrupt der Stecker gezogen. Wir werden für das kommende Jahr noch weitere große Kampagnen entwickeln und sind hierzu im engen Austausch mit VW. Hinzu kommt, dass wir auf anderen Kunden, wie zum Beispiel Burger King wachsen – und für diese spannende Marke werden die Aufgaben eher mehr als weniger. Darüber hinaus: Volkswagen PKW ist nicht der einzige Autokunde, den wir betreuen. Wir haben als internationale Leadagentur für Volkswagen Nutzfahrzeuge, als Agentur für den französischen Markt und seit 2016 auch mit wachsenden Aufgaben für Porsche immer Bedarf an großartigen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen, die Benzin oder auch Elektrizität im Blut haben.

Wie hat sich die Agentur 2018 entwickelt?

Heuel: 2018 war ein gutes Jahr für beide G&P-Agenturen. Wir sind weiter gewachsen, haben unsere Technologiekompetenz enorm ausgebaut und haben zudem das zweitbeste Ergebnis unserer Geschichte im W&V-Kreativranking erzielt. Nachdem wir Anfang 2018 wussten, dass wir nicht um Volkswagen pitchen werden, haben wir uns entschlossen, mit dieser Entscheidung nicht defensiv, sondern offensiv umzugehen und haben massiv in Technologie Know-How und weitere schlaue Köpfe investiert. Diese Strategie scheint aufzugehen. Bei Porsche kümmern wir uns jetzt neben dem Cayenne auch um die Themen E-Performance und die Einführung des ersten elektrischen Sportwagens oder auch im Experiential-Marketing um Porsche Scopes. Burger King entwickelt sich sehr gut, zudem konnten wir den ADAC, Weihenstephan, Müller, Reuter oder auch die weltweitgrößte Jobbörse Indeed von uns überzeugen und so einen tollen Kunden wie HVV im Pitch verteidigen.

Sie haben Felix Fenz zum zweiten Kreativgeschäftsführer neben sich ernannt. Was bedeutet das perspektivisch?

Heuel: Mir war schon länger klar, dass wir durch das Wachstum von G&P einen weiteren Kreativ-Geschäftsführer neben mir brauchen. Nicht nur, weil ich mich nicht mehr so intensiv um Kunden kümmern konnte, wie ich es wollte. Sondern auch, weil ich gefühlt nur noch unterwegs war und ich dadurch viel zu wenig Kontakt zu meinen Partnern, Mitarbeitern und Teams hatte. Das kann man eine Zeit lang machen, aber auf Dauer leiden die Qualität, der Spaß und die interne Kultur darunter. Felix war mein absoluter Wunschkandidat für diesen Job, sowohl fachlich als auch menschlich. Das gilt übrigens auch für Matthias Hoffmann, unseren Kreativgeschäftsführer der zweiten Werbeagentur. Beide werden Grabarz & Partner kreativ, unternehmerisch und technologisch weiter entwickeln. Und da freue ich mich sehr drauf.

Welche Themen sind der Agentur momentan wichtig?

Heuel: Neben der Verarbeitung der Volkswagen-Situation entwickeln wir die Agentur mit Vollgas weiter in Richtung Technologie. Dafür werden wir weiter in Trainings, Coachings und Mitarbeiter investieren und arbeiten unter anderem eng mit Google oder der Future Academy zusammen. Wir wollen die Agentur sein, die die Kombination aus Kreativität und Technologie am emotionalsten nutzt. Für uns liegt da ein echter Sweet Spot. Denn Emotionen sind die härteste Währung für jede Marke.

Auf welchen Kunden ruhen die Hoffnungen?

Heuel: Wir glauben nicht an Hoffnungen, wir glauben an eine Strategie.

Was war die richtungsweisendste Arbeit von Grabarz & Partner?

Heuel: Kreativ gesehen haben wir sehr viel mit relevanten und großen Cases für Volkswagen gepunktet. In erster Linie natürlich mit dem Film „Kids Dreams“, der europaweit eingesetzt und praktisch bei jedem internationalen Award mit Gold prämiert wurde – und als einziger deutscher Film in Cannes mit Silber. Und auch mit dem Case „Blinder Fotograf“ oder „Langweiligster Junge der Welt“ für VW bin ich sehr zufrieden. Und natürlich mit der dauerhaft herausragenden Performance mit und für Burger King, „Never trust a clown“ war einer unserer erfolgreichsten Arbeiten in diesem Jahr. Außerdem haben wir mit „Whopper Shopper“ und Programmatic-Dynamic-Creation für Burger King in Hessen gezeigt, wie sich Kreativität und Technologie intelligent und erfolgreich einsetzen lassen. Für 2019 haben wir unter anderem ein paar wirklich spannende Arbeiten für Volkswagen Nutzfahrzeuge und für Porsche entwickelt, auf die ich mich sehr freue.

Wie beurteilen Sie das Niveau der deutschen Agenturen insgesamt dieses Jahr?

Heuel: Schaut man in die Punktzahlen, war es awardmäßig ein herausragendes Jahr. Das ist auch ein Eindruck, den ich in internationalen Jurys 2018 gewonnen habe. Es gab viele Cases aus Deutschland, an denen Juroren schlicht und einfach nicht vorbeikamen, weil sie so überzeugend waren. Wäre es nicht fantastisch für Marken, Kunden und Agenturen, wenn wir diese kreative Exzellenz endlich mal von der Spitze in die Breite lenken könnten?

International gesehen: Welche Arbeit war die richtungsweisendste dieses Jahr?

Heuel: Abgesehen von dem neuen Porsche 911: Nike´s Kaepernick-Kampagne.

Wie geht Grabarz & Partner 2019 mit Awards um?

Heuel: Wie jedes Jahr: Entspannt, mit überschaubarem Budget und so einem ganz sanften, leichten Kopfschütteln, was alle Jahre wieder aus diesem Thema gemacht wird.

Ist der Verkauf der Agentur ein Thema?

Heuel: Wir verfolgen die aktuelle Entwicklung im Agenturmarkt mit Interesse, zuletzt natürlich auch den Verkauf von Kolle Rebbe – einer Agentur, die von Größe und Kultur ja mit uns sehr vergleichbar ist. Und, ja: Die Anfragen an uns häufen sich. Sicherlich auch, weil es nur noch wenige unabhängige Agenturen unserer Größe und Reputation gibt und der Markt dementsprechend eng wird. Wir sind uns sehr bewusst darüber, dass wir mit unseren Mitarbeitern, unserer internen Kultur und unserem kreativen Output Assets haben, die andere gern hätten und die nicht mal eben so zu installieren oder zu kopieren sind. Wir sind uns im Partnerkreis aber auch einig, dass wir nur Gespräche führen werden, die über das Thema „Größe“ hinausgehen und die uns die Möglichkeit geben, diese Agentur weiter zu entwickeln und etwas zu Grabarz & Partner hinzu zu addieren, was wir mit unseren Ressourcen nicht schaffen. Solange arbeiten wir kräftig weiter.

Das Heft (W&V 49/2018) mit dem diesjährigen Kreativranking und der kompletten Analyse gibt es hier zu bestellen. Wuv.de widmet die laufendende Woche dem Ranking und veröffentlicht unter anderem Interviews mit den Kreativchefs, das Auftraggeberranking und alle wichtigen Tabellen.


Autor: Daniela Strasser

Redakteurin bei W&V. Interessiert sich für alles, was mit Marken, Agenturen, Kreation und deren Entwicklung zu tun hat. Außerdem schreibt sie für die Süddeutsche Zeitung. Neuerdings sorgt sie auch für Audioformate: In ihrem W&V-Podcast "Markenmenschen" spricht sie mit Marketingchefs und Media-Verantwortlichen über deren Karrieren.