Neben Ehrlichkeit sind das die 16 wichtigsten Learnings für Nachhaltigkeit und Marketing aus zweieinhalb Tagen Green Marketing Days live vor Ort in München und digital:

1. Nachhaltigkeit muss gut aussehen:

Denkt eure Produkte instagrammable, empfiehlt Katrin Stockinger von Börlind. Nur wenn sie schön aussehen, werden sie auch geteilt und bekommen so fast automatisch eine größere Reichweite. Das gilt nicht nur aber besonders für Green Marketing, weil sich Menschen heute sehr gern mit Ökobrands präsentieren. Stichwort Statussymbol. 

2. Nachhaltigkeit macht sexy:

Marketing hat eine Verantwortung, denn Marketing kann machen, dass Menschen bestimmte Dinge kaufen. Diese Kraft werde oft für die falschen Dinge missbraucht, kritisiert Jan Pechmann, Senior Advisor bei Diffferent und Initiator der Marketing For Future Awards. Doch wenn wir Marketing richtig einsetzen, sagt er, kann Marketing tolle Dinge bewirken. Es kann nämlich das, was wir als Verzicht empfinden, cool machen oder sexy aussehen lassen, und so Lust auf eine nachhaltige Zukunft erzeugen. 

3. Nachhaltigkeit wirkt nach:

Niemand kauft eine Ikea-Küche, weil sie aus recycelten PET-Flaschen hergestellt wurde, erzählte Kasia Dulko-Gaszyna, Sustainability Managerin bei Ikea Deutschland. Aber das sei der Aspekt, den sie ihren Nachbarn über die Küche als allererstes erzählen. DennMenschen sind stolz auf nachhaltige Produkte und teilen diese Botschaft gern.

4. Nachhaltigkeit reicht nicht:

Emotion und zusätzlicher Kundennutzen – mit diesen beiden Attributen macht BMW Mini Asiat:innen und Amerikaner:innen die nachhaltigen Aspekte der Fahrzeuge schmackhaft. Denn auch Autos werden nicht wegen Nachhaltigkeit gekauft, sondern das Gesamtpaket muss stimmen, sagt Michael Keller, Head of Brand- & Business Strategy. Nachhaltigkeit ist ein Add-on. Und dann plaudert er aus dem Nähkästchen: Der Mini sei grundsätzlich sehr positiv belegt. Wenn man in einem Mini sitze, bekomme man vor allem freundliche Blicke vom Passant:inen. Das passiere einem bei anderen Marken nicht so oft, gibt er zu und lacht. (Hier lest ihr mehr zu Mini: "Nachhaltig und trotzdem Spaß am Auto? Mini versucht den Spagat")

5. Nachhaltigkeit ist kein Greenwashing:

Wenn man in der Kommunikationsabteilung darüber diskutieren muss, ob eine Botschaft Greenwashing ist, dann ist das ein deutliches Indiz. Dann ist sie höchstwahrscheinlich tatsächlich Greenwashing, sagen Marion Müller-Steinfahrt und Jonas Kütt von Kantar.

6. Nachhaltigkeit verspricht Wachstum:

Laut dem Kantar Brandz Golbal Report wachsen die Nachhaltigkeitschampions (Sustainability Brandz Index) um rund 10 Prozentpunkte stärker als Wachstumschampions allgemein.

7. Nachhaltigkeit entsteht durch Umdenken:

Was-wäre-wenn-Fragen helfen dabei, Dinge neu zu denken, Probleme zu lösen und nachhaltige Alternativen zu erfinden. Der Future Designer und Nachhaltigkeitsexperte Stephan Grabmeier nennt in seinem Deep Dive ein Beispiel: "Was wäre, wenn Autos CO2 absorbieren würden statt auszustoßen?" Versucht diese Methode doch mal aus!

8. Nachhaltigkeit ist Radio und DoOH:

Radio – und noch mehr Onlineradio – sowie Digital Out of Home sind die Werbemedien mit den durchschnittlich geringsten Fußabdrücken pro 1000 Werbekontakte. Das zeigten nicht nur BRmedia und Ströer auf der Bühne, sondern auch der Green GRP, bei dem beide Vermarkter mitmachen. Inbegriffen in den Berechnungen sind unter anderem Stromverbrauch, Logistik, Materialen und Werbemittelproduktion. 

9. Nachhaltigkeit stärkt Marke:

Nachhaltige Botschaften steigern oftmals die Wirkung von Werbung. Zumindest wenn sie glaubhaft ist. Das geht aus Werbewirkungnsalaysen von Mediaanalyzer hervor, die Madlen Schäfer und Joachim Netz präsentierten. Gerade Attribute wie Markensymathie werden meist gesteigert. Die Kaufabsicht wächst ebenfalls in vielen Fällen, aber bei weitem nicht in allen. 

10. Wo nachhaltig draufsteht, muss auch nachhaltig drin sein:

Gleiches gilt für die Kommunikationsattribute CO2-neutral oder schadstoffarm. Wenn eines davon versprochen wird, aber der Beweis fehlt, ist das unlauter und kann abgemahnt werden. Deshalb fährt man am besten, solche Aussagen mit Sternchen zu versehen und an anderer Stelle erklären. Außerdem gilt: Lieber konkret werden. Ist vielleicht nicht die ganze Marke klimaneutral, sondern nur das eine Produkt? Dann sollte man das auch so kommunizieren, empfiehlt Rechtanwalt Jasper Prigge. 

11. Nachhaltiges Marketing ist nicht unethisch:

Marketing dient der Verkaufssteigerung. Ist es deshalb unethisch, mit Nachhaltigkeit zu werben? Nein, sagten Stefan Mues von Hessnatur, Aline Werr von I want you naked, Anna Birk von Purefood und Julian Stock von The Good Food Collective auf dem Abschlusspanel. Es dient dazu, die Erlösströme in die richtigen Kanäle umzuleiten, sich gegen all die weniger nachhaltigen Unternehmen durchzusetzen und außerdem soll es die Kunsument:innen informieren. Nur über Marketing und Kommunikation kann die Kundschaft überhaupt erst lernen, welche Vorteile die nachhaltigen Brands bieten. 

12. Nachhaltigkeit gibt gutes Karma:

Die ersten Kontakte knüpften die Green-Marketing-Days-Teilnehmenden beim Müllsammeln zum Isar-Cleanup. Gutes Karma und Lob von allen Seiten gabs inklusive. Denn wer Müll sammelt, erntet nicht nur Kronkorken und Zigarettenstummel, sondern vor allem auch lobende Worte von Passant:innen. Und wer an Tag drei morgens um 7 Uhr schon durch den Olympiapark joggt, wie eine kleine hartgesottene Gruppe der Green Marketing Days, um mit Sumitree bei unserer Laufchallenge Bäume zusammen, erntet Applaus und Likes.

GMD22 Cleanup

Müllgreifer für alle: Beim Isar-Cleanup waren nicht nur die Gäste der Green Marketing Days eingeladen - jeder konnte helfen.

13. Nachhaltigkeit ist manchmal zu dogmatisch:

Strenge Nachhaltigkeitsauflagen für Landwirte sind nicht immer gut für die Umwelt. Und vor allem nicht für die Bauern. Das zeigte der Film Der Bauer und der Bobo, den die früh angereisten Gäste am Tag eins gemeinsam im Kino sahen, sehr eindrücklich. Sie können ursprünglich wirtschaftende Bauern auch in den Ruin treiben. Absolute Kinoempfehlung mit viel Diskussionsstoff.

14. Idealistische Nachhaltigkeit gibt es wirklich:

Es gibt sie tatsächlich: Kosmetikhersteller, die in Deutschland im eigenen Labor per Hand Seifen, Badesalze und Körperöle mischen und diese dann sogar bei Zalando oder Flaconi verkaufen. I Want You Naked ist ein solches Beispiel. Wir besuchten sie im Osten von München und blickten hinter die Kulissen. Wir staunten über den Seifenschneider, die bis unter die Wände gestapelten Produktkartons und hatten riesigen Spaß daran, unser eigenes Badesalz mit getrockneten Blüten, Brennnesseln und Duftölen zu mischen. 

15. Nachhaltigkeit geht neue Wege:

Nahverkehr geht auch anders. Das beweist Ottobahn bei der Business Safari. Das Start-up will Schwebebahnen über München durch die Lüfte schicken. „Das System ist genial. Wenn die Stadt München das nicht macht, dann bin ich persönlich beleidigt“, lautete das Fazit von einem der Gäste. 

16. Nachhaltigkeit ist weiblich dominiert:

Nicht nur das Publikum der Green Marketing Days hatte einen enormen Frauenüberschuss, auch beim Green Marketing Start-up-Pitch präsentierten ausschließlich drei Gründerinnen ihr Geschäftsmodell:

  • Ana-Carolina Alex, Head of Marketing bei Planet A Foods, pitchte die nachhaltige und vegane Alternative für Kakaomasse Nocoa, die in Schokoladenprodukten wie Eis, Riegel, Kuchen und mehr verarbeitet werden kann.
  • Martina Ponath, Founder & CEO bei Future Stories GmbH, sprach über Duschgel in Pulverform, das in der Flasche mit Wasser vermischt zum fertigen Produkt wird.
  • Susanna Mur, Gründerin und Geschäftsführerin Guud GmbH, präsentierte die Guud Card, eine Sachbezugskarte für Unternehmen und deren Mitarbeitende, die ein Gutschein für nachhaltige Händler ist.

Das Publikum stimmte live ab und die Gewinnerin lautet: Guud Card. Zu gewinnen gab es einen Speaking Slot auf den nächsten Green Marketing Days und einen Artikel in der W&V. Herzlichen Glückwunsch! (Alle Bilder findet ihr hier.)

Die Gewinnerinnen des Green Marketing Start-up-Pitch 2022 heißen Guud Card. hier überreichen Verena Gründel von W&V (li.) und Frank Schmiedler von Marketing For Future (re.) den Gründerinnen Susanna Mur (Mitte li.) und Alina Friedrichs die Urkunde.

Verena Gründel von W&V, Susanna Mur und Alina Friedrichs von Guud Card und Frank Schlieder von Marketing For Future (v.l.)

Als Speaker:innen mit dabei waren außerdem Rebecca Conrad von Kneipp, Sabrina Fröhlich und Julia Frank von Akzente, Kira Grabner und Ben Keller von Meta, Marie Bund und Nick Helleberg von Greenforce, die ihre neue vegane Weißwurst fürs Frühstück mitbrachten, Coralie Grau von Jokolade, Thomas Lillpopp von der Hofpfisterei, Christoph Gedon von BRmedia, Ann-Sophie Claus, Gründerin von The Female Company, Julia Leuschner und Jason Modemann von Mawave, Julian Hallet von Happy Ocean Foods, Yasmine Sailer und Shilpa Gulati von Treedom sowie Patrick Langendorf von Ströer. 

Die besten Bilder der Green Marketing Days findet ihr hier. 

Ihr seid neugierig geworden? Dann folgt uns für mehr Highlights auf unseren sozialen Kanälen und merkt euch vor allem schon mal das Datum der nächsten Green Marketing Days: 10. bis 12. Oktober 2022. Tickets gibt es in Kürze hier.


Autor: Verena Gründel

Verena Gründel ist seit Anfang 2021 Chefredakteurin der W&V. Die studierte Biologin und gelernte Journalistin schrieb für mehrere Fachmagazine in der Kommunikationsbranche, bevor sie 2017 zur W&V wechselte. Sie begeistert sich für Marken- und Transformationsgeschichten, hat ein Faible für Social Media und steht regelmäßig als Moderatorin auf der Bühne.