Green Marketing Days:
Hessnatur: "Wir wollen die konsequenteste und begehrlichste Marke für nachhaltige Mode sein"
Stefan Mues, CEO von Hessnatur, sieht den Markt derzeit stark durch Greenwashing überschwemmt und will mit Hessnatur dagegensetzen. Was das für die Marke und die Kommunikation bedeutet, erklärt er im Interview.
Stefan Mues ist seit März 2022 CEO von Hessnatur. Er ist angetreten, um die Position von Hessnatur als führende Marke für Fair Fashion auszubauen.
Das vergangene Geschäftsjahr war sehr erfolgreich für Hessnatur – erstmals über 100 Millionen Euro Umsatz. Sicherlich hat das auch was damit zu tun, dass ihr euren Markenkern gestärkt habt: zurück zur konsequenten Nutzung von Naturfasern, gleichzeitig neue Impulse im Design. Wie klappt es, dass eine Marke sich selbst treu bleibt und gleichzeitig weiterentwickelt?
Der Markenkern unseres Unternehmens spielt hier bei Hessnatur eine große Rolle, denn er dient uns seit 47 Jahren als Fixstern, dem wir konsequent folgen: Seit 1976 sind wir der Pionier in Sachen Nachhaltigkeit. . Wir waren die ersten in der Textilbranche, die auf die Gesundheit von Mensch und Natur geachtet haben und haben bereits 1991 erfolgreich Bio-Baumwolle angepflanzt. Das spornt uns an, auch künftig die konsequenteste und begehrlichste Marke für nachhaltige Mode zu sein. Daraus haben wir aktuell zwei Stoßrichtungen abgeleitet.
Erstens: wir setzen konsequent rein auf Naturmaterialie.
Zweitens: Das Design muss noch mehr in den Mittelpunkt rücken. Die Zeiten, in denen Bio-Textilien kratzen durften und auch so aussahen, sind vorbei.
Außerdem wollen wir in der Diskussion um Mikroplastik und den Folgen des Konsums für unseren Planeten ein beruhigender und konstanter Gegenpol sein, in dem man getrost auf das schlechte Gewissen verzichten kann, wenn man sich für unsere Produkte entscheidet.
Ihr setzt auf Kooperationen, seit kurzem etwa mit der Plattform About You und erreicht so auf einen Schlag eine große junge Zielgruppe. Wie wirkt sich das auf die Kommunikation aus?
Wir erreichen in der Tat eine immer jüngere Zielgruppe und das nicht ausschließlich über About You. Junge Mütter lieben unseren fast schon ikonischen Walk-Overall aus reiner Bio-Merinowolle, der unter höchsten ökologischen Bedingungen verarbeitet wird. Unsere Kunden:innen wissen, auf welche Qualität sie sich bei uns verlassen können und vertrauen uns als Brand. Seit Juni arbeiten wir eigens dafür an einer neuen, frischeren Bildsprache, die uns der jüngeren Zielgruppe näherbringt.
Es gibt einen allgemein spürbaren Trend zu mehr Nachhaltigkeit, inwiefern können Marken diese Transformation beschleunigen?
Ich glaube, man muss sich entscheiden: Macht man nachhaltige Produkte, weil man vom Markt bzw. den Konsumenten dazu gezwungen wird? Dann stehen die Kosten immer im Mittelpunkt. Die innere Motivation fehlt und es geht entsprechend langsam voran, da man nur so viel macht, wie verlangt wird. Oder geht man den anderen, den konsequenteren Weg, indem man Nachhaltigkeit als Werttreiber in seine Strategie und seine Vision aufnimmt? Dann bekommt das eine ganz andere Dynamik, die auch der Kunde spürt und erlebt. Das letztere ist ganz klar schon immer unser Weg gewesen und wird es auch in Zukunft sein.
Hessnatur gibt es schon seit 47 Jahren, aber im Moment wächst die Konkurrenz auf dem Markt der nachhaltigen Modemarken. Was unternehmt ihr, um hier die Marke stark zu halten?
Grundsätzlich wächst das Bewusstsein der Menschen rund ums Thema Nachhaltigkeit. Das ist eine tolle Entwicklung, die uns freut. Leider ist der Markt derzeit sehr stark durch Greenwashing überschwemmt, was ich sehr bedaure. Zum Beispiel erfolgt nur ein Prozent der weltweiten Baumwollproduktion nach Bio-Standards. Es ist also bei weitem nicht genug Rohmaterial im Markt vorhanden, um in der Breite ein auch nur annähernd ernstzunehmendes Sortiment für all die großen Player da draußen zu ermöglichen.
Wir sehen uns als Pioniere der Branche - als konsequente und nachhaltige Marke. Diesen Anspruch an uns selbst erfüllen wir jeden Tag auf Neue, in dem wir immer einen Schritt voraus denken. Wo andere noch über CO2 Reduktion reden, denken wir schon über den Erhalt der Biodiversität nach. Wo andere versuchen, den Anteil der Monomaterialen zu erhöhen, um ihr Produkt auch nur annähernd recyclebar zu gestalten, haben wir dies bereits heute schon zu mehr als Zweidrittel erreicht. Und wir geben uns niemals mit dem Status Quo zufrieden. Heute bestehen 99,6 Prozent unserer Stoffe aus reinen Naturfasern – am letzten Rest arbeiten wir auch noch. So haben wir bereits heute modische Stretch-Denims im Sortiment, bei denen statt Elastan Naturkautschuk verwendet wird.
Diese Unterschiede und USPs müssen wir nun immer und immer wieder und überall kommunizieren. Denn je mehr Menschen wir mit unserer Botschaft erreichen, desto mehr können wir auch verändern – und dann mache ich mir auch keine Gedanken mehr darüber, an Strahlkraft zu verlieren.
Ihr wollt von Stefan Mues persönlich erfahren, was es braucht, um eine nachhaltige Lovebrand wie Hessnatur aufzubauen? Dann kommt zu den W&V Green Marketing Days vom 11. bis 13. Oktober. Dort sprechen wir mit ihm und vielen anderen Expert:innen darüber, wie nachhaltige Kommunikation und ökologisches Handeln funktioniert.
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