Mit "Harry Potter" hat J.K. Rowling ein Vermögen verdient: Bücher, Filme, Merchandising, Erlebniswelten. Öffentlich aber steht die Schöpferin dieses Universums seit Längerem in der Kritik. Immer wieder hat sich die 57-Jährige gegen die gesellschaftliche und rechtliche Gleichstellung von Transfrauen mit solchen Frauen ausgesprochen, die bereits mit weiblichen Geschlechtsorganen geboren wurden. Auch "Harry"-Darsteller Daniel Radcliffe distanzierte sich.

Vor allem in Schottland, wo sich Rowling mit einer Initiative gegen Gewalt gegen Mädchen und Frauen engagiert, tobt derzeit eine Debatte. Denn ein Gesetz der Regionalregierung sieht vor, den oft langwierigen und bürokratischen Prozess der Geschlechtsanpassung in offiziellen Dokumenten zu vereinfachen. Kritiker wie Rowling warnen, das Gesetz erleichtere Männern den Zugang zu Räumen, in denen Frauen sich ausziehen und verwundbar sind. Die konservative britische Zentralregierung will das Vorhaben blockieren.

Wegen der engen Verbindung zu Rowling gibt es bereits seit Längerem lautstarke Forderungen, "Hogwarts Legacy" zu boykottieren. Das Gaming-Forum ResetEra hat jede Erwähnung des Spiels verboten, und die Website GameSpot veröffentlichte einen Aufsatz über Rowlings "Anti-Transgender-Haltung".

Rowling gibt sich demonstrativ gelassen. Auf die Frage, wie sie es denn verkrafte, dass sie wegen ihrer Haltung so viele Fans verloren habe, antwortete sie im Oktober 2022 auf Twitter trocken: "Ich hab mir meine jüngsten Lizenzeinnahmen angeguckt und finde, dass der Schmerz ziemlich schnell vergeht." Rowling bekommt aber auch Unterstützung im Netz. 

Eigene FAQs zum Spiel

Beim US-Entwicklungsstudio Avalanche ist man sich des delikaten Themas offenbar bewusst. Auf der FAQ-Seite gibt es extra die Frage, ob Rowling etwas mit dem Spiel zu tun habe. Antwort: Die Autorin sei "eine der größten Geschichtenerzählerinnen der Welt". Sie sei zwar nicht direkt an der Entwicklung beteiligt gewesen, man habe jedoch eng mit Rowlings Team zusammengearbeitet.

"Hogwarts Legacy" ist bei Weitem nicht das erste "Harry Potter"-Game, allerdings das erste größere seit gut einem Jahrzehnt. Der Titel ist ein Rollenspiel, Spielende schlüpfen in die Haut eines Schülers oder einer Schülerin an der Zauberschule Hogwarts. Im Charakter-Editor des Spiels kann man Stimme, Geschlecht und Aussehen unabhängig voneinander bestimmen, was mittlerweile oft Standard in Rollenspielen ist. Darüber hinaus spielt eine Transfrau eine größere Nebenrolle.

Die Boykott-Aufrufe scheinen das Spiel kaum aufzuhalten. Millionen Menschen schauten zuletzt auf der Plattform Twitch Streamenden beim Spielen zu. Der Seite "steamdb.info" zufolge gehört "Hogwarts Legacy" seit Wochen zu den umsatzstärksten Titeln - noch bevor es überhaupt erschienen ist. Laut "opencritic.com" fährt das Spiel sehr gute Kritiken ein. Gaming-Experte Martin Kimber sprach von einem "wunderschön gestalteten Liebesbrief" an das "Potter"-Universum.

Viele Fans sind zerrissen. Transmann Asher Chelder von der Fansite MuggleNet räumte beim Sender Sky News ein, dass Rowlings Ansichten Menschen verletzten. Er freue sich aber seit der Ankündigung auf das Spiel. "Ich habe viel Trost in der Serie gefunden und es ist etwas, das ich nicht abschütteln kann. Es ist ein Teil von mir", sagte er. (Benedikt Wenck und Benedikt von Imhoff, dpa)

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