
Gastbeitrag von Miriam Rupp:
5 Storytelling-Tipps für authentisches Marketing
Was haben Lufthansas "Inspired by Heimweh", Doves „Real Beauty“ und "Red Bull verleiht Flügel" gemeinsam? Sie setzen auf Storytelling. Was Marketer von ihnen lernen können, erklärt PR-Expertin Miriam Rupp.

Foto: Unternehmen
Aktuell zeigen die Berliner Verkehrsbetriebe und Levi's wie man mit Sneakers im U-Bahn-Look oder Lederjacken im Einstein-Stil für Aufmerksamkeit sorgt: mit emotionalen, persönlichen, authentischen Geschichten. Doch was macht Storytelling so erfolgreich und wie können auch Unternehmen fernab der Millionenmarke die Macht der Geschichten für sich nutzen? Fünf Strategien zeigen, wie es geht:
1. Markenkommunikation wird ganzheitlich
"I want to explore where I’ve come from, to shed light on the blind spot in my past" – so erzählt Emilia Schüle von ihrem Weg zurück an den Ort, an dem sie geboren wurde. Die dritte Geschichte der Social-Media-Kampagne "Inspired by Heimweh" von Lufthansa begleitet die deutsche Schauspielerin auf ihrer Reise mit der Transsibirischen Eisenbahn.
Die größte Herausforderung für Marken ist heute in der Flut von Daten, Werbebotschaften und Informationen gegenüber den Konkurrenten und bei den kritischen Zielgruppen positiv herauszustechen. So wie die Frankfurter Airline in ihren Spots ganz ohne Werbung und sogar ohne Flugzeuge auskommt, haben gut erzählte Unternehmensgeschichten die Macht aufmerksam zu machen, in den Köpfen zu bleiben und so den Kunden emotional mit der Brand zu verbinden.
Die wichtigste Voraussetzung: Interne und externe Kommunikation müssen miteinander verschmelzen. Sollen die individuell entwickelten Werte, Visionen und die etablierte Kultur zum Gesicht der Marke werden, müssen sie Teil jeder Kommunikationsmaßnahme, jedes Mitarbeiters, jeden Arbeitstages werden – alles Andere wäre unglaubwürdig.
2. Vom Scheitern und Gewinnen: Die Heldenreise
Die Mittel des Storytelling sind der goldene Faden der Unternehmenskommunikation, der für Orientierung sorgt und immer wieder mit dem Markenauftritt verwoben wird. So setzt die Kosmetikmarke Dove seit zehn Jahren den zentralen Unternehmenswert "Jeder Körper ist schön" immer wieder in emotionalen Kampagnen in Szene. Aktuell inspirieren Frauen unter dem Motto "Meine Schönheit ist meine Entscheidung" mit ihren Geschichten.
Die Unternehmensgeschichte wird mit Hilfe des zentralen Storytellingmodells, der Heldenreise in zwölf Akten, erzählt. Auf dieser bricht der Held, wie zum Beispiel der CEO, in ein großes Abenteuer auf. Hürden müssen überwunden, Verbündete ins Boot geholt und Entscheidungen getroffen werden bis der Held am Ende der Reise seine Belohnung erhält. Das können fertig kreierte Produkte, Anerkennung oder erreichte Meilensteine sein.
Wichtig: Nicht nur die Erfolge, sondern gerade die Konflikte und gescheiterten Versuche werden gefeiert, denn erst sie machen eine Marke wirklich authentisch und sympathisch. Für die tägliche Marketingarbeit ist die Heldenreise das Werkzeug, mit dessen Hilfe sich die Werte, Visionen und Wachstumsbedürfnisse definieren lassen, die beim Kunden geweckt werden sollen. So finden Marketer heraus, wer das Unternehmen heute ist und wer es einmal sein soll.
3. Yoda, Miagi, oder Gandalf? Der Mentor
"One of the most famous logos in the world leaves its historic spot to 10 threatened species" heißt es in der neuen Kampagne von Lacoste, die gemeinsam mit der Weltnaturschutzunion (IUCN) Aufmerksamkeit auf bedrohte Tierarten lenkt. Als Symbol für die letzten Tiere ihrer Art in freier Wildbahn nehmen Java-Nashorn und Sumatra-Tiger auf insgesamt 1.775 Poloshirts Platz – anstelle des Lacoste-Krokodils. Der Erlös kommt dabei der IUCN zugute.
Meister Yoda, Mister Miagi, oder Gandalf – in vielen großen Gesichten gibt es Schlüsselfiguren, ohne die ihre Helden gar nicht erst ins Abenteuer aufgebrochen wären. So nehmen im Storytelling auch Unternehmen für ihre Zielgruppe – die Helden – die Rolle des Mentors ein. Wie bei Lacoste motivieren und inspirieren sie, sind Experten voller Wissen und der Freund an der Seite des Helden.
Vom Pionier bis zur Muse, vom Magier bis zum Kapitän: Der amerikanische Storytelling-Experte Jonah Sachs beschreibt in seinem Buch "Winning the Story Wars" 15 Archetypen, aus denen sich ein ganz individueller, auf die Werte und Visionen zugeschnittener Mentor ableiten lässt. Dieser muss sich in allen Texten und Videos auf dem Blog und in Social Media, in Kampagnen und in der PR wiederspiegeln.
4. Die richtigen Darsteller am Sprachrohr
Charity-Water-Gründer Scott Harrison erzählt von seiner eigenen Heldenreise, die ihn von New York bis nach Afrika führte. Dort öffnete ihm das dreckige Wasser die Augen und ließ ihn nach zwei Jahren mit einer großen Mission zurückkehren. Diese Idee hat bis heute bereits sieben Millionen Menschen mit sauberem Trinkwasser versorgt. Anstatt auf leuchtende Werbeslogans wird also besser auf wahre Geschichten gesetzt.
Doch wie finden Entscheider die richtige Story? Und wie kommen die wirkungsvollsten Darsteller zu Wort? Ob Startup oder lange Tradition – viele Gründer, Geschäftsführer oder Manager wissen Storys zu erzählen. Doch nicht nur ganz oben warten spannende Geschichten darauf, erzählt zu werden. Echter Teamgeist, große Träume oder außergewöhnliche Persönlichkeiten – anstatt gecasteter Models sollten die Mitarbeiter selbst als Helden zu Wort kommen.
Intern sorgt das für eine motivierende Wertschätzung, extern wiederum für einen echten Marketingboost, insbesondere durch Glaubwürdigkeit und Authentizität. So bleiben Kampagnen-Klassiker wie "We kehr for you" der Berliner Stadtreinigung bis heute im Kopf. Nicht zu vergessen sind Kunden und Partner, die oft mit viel Leidenschaft hinter der gemeinsamen Sache stehen.
Werden die eigenen Werte im Auge behalten, haben sie die Macht, Marke und Produkt ans Publikum zu bringen. So vertraut Levi's für die neue Vintage-Kollektion auf ein echtes Genie: Die getragene Lederjacke Albert Einsteins wird neu aufgelegt und für 1.200 Dollar verkauft – eine gut erzählte Geschichte macht‘s möglich.
5. Herzen, Liken, Teilen oder doch die Klassiker?
Bei Hornbach kommen gleich mehrere Darsteller für den Storytelling-Clue "Werkstück-Edition 001" zusammen: Designer Sigurd Larsen und Kunden, die den Lounge Chair à la "Eine Marke, die man nicht kaufen kann, sondern selber bauen muss" selbst erschaffen. Sind die richtigen Erzähler erst einmal gefunden, muss die eigene Zielgruppe im Blick behalten werden.
Wen wollen wir ansprechen und wo bewegen sich diese Menschen? Die Mittel des Storytelling lassen sich über alle Kanäle hinweg einsetzen und können mit Hilfe von Storydoing sogar über die Geschichte selbst hinausgehen. So lud zum Beispiel die BVG die irische Band U2 ein, für ihre Fahrgäste entlang der U-Bahnlinie 2 einen spontanen Street Gig zu geben.
Doch es muss nicht immer die ganz große Bühne sein. Fein abgestimmt auf die Bedürfnisse und Erwartungen der Zielgruppe können gut erzählte Geschichten auf allen Kanälen ihre Wirkung entfalten. Egal ob in Social Media, in der PR oder auf dem nächsten Panel: Die Heldenreise bleibt über alle Kanäle hinweg der goldene Faden der Unternehmenskommunikation.
Miriam Rupp ist Gründerin und gemeinsam mit Nora Feist Geschäftsführerin der Berliner PR-Agentur Mashup Communications.