Dabei haben auch alle anderen etwas zu bieten: Unternehmen, Medien und Agenturen wandeln sich im Zuge der digitalen Transformation. Neue Produkte und Geschäftsmodelle entstehen am laufenden Band. Agenturen erzählen noch die passende Geschichte dazu. Allein sie verkaufen sich schlecht. Personalberater sagen: Die Generation Y will etwas lernen, sich beruflich und persönlich weiterentwickeln und schnell Verantwortung übernehmen. Sie sucht dafür ein Arbeitsumfeld, das sie in­spiriert und ihr die Freiräume dafür lässt.

Agenturen sind dafür prädestiniert, wie eine Studie zur Employer-Branding-Kampagne „Komm in die Agentur“ beweist. Die haben die Branchenverbände GPRA, GWA, BVDW, Famab, CMF und OMG Anfang 2017 zum ersten Mal aufgelegt und dazu gleich ein Agentursurfing für Praktikanten angeboten. Es war eine gute, wegweisende Idee. Sechs Agenturen in drei Monaten. Die Teilnehmer waren überrascht, wie kreativ die Arbeit dort sein kann, wie vielseitig und kurzweilig. Die lockere Atmosphäre unter den Kollegen wird gelobt und natürlich, dass es abends auch mal ein Bier gibt. Die ersten Surfer haben sich bereits um einen Job beworben, andere können es sich gut vorstellen, laut Umfrage 75 Prozent. 2018 soll es mit der Kampagne wei­tergehen.

Die wirklichen Treiber für die Jobsuche junger Leute sind also durchaus inhaltsgetrieben. Man muss den Nachwuchs nur abholen. An den (Einstiegs-)Gehältern freilich dürften die Agenturen noch ein bisschen drehen, auch Medien übrigens. Die Bezahlung ist unterdurchschnittlich, wie der jüngste Gehalts-Check von W&V zeigt. Aber das sieht bei Startups ganz ähnlich aus. Zeit umzudenken! cob

Influencer

2017 markiert das Jahr, in dem Influencer ihren Anspruch auf Meinungsführerschaft im Netz zementiert haben. Schließlich ist niemand näher an der jungen Zielgruppe als die junge ­Zielgruppe selbst. Das belegen Nettoreichweiten von teilweise mehr als einer Million Followern.

Präferierten Unternehmen bis vor Kurzem Hollywoodstars und Spitzensportler als Markenbotschafter, so setzen nicht nur globale Player wie Dolce & Gabbana zunehmend auf die Zusammenarbeit mit prominenten Instagrammern, Youtubern und Social Models (W&V 4/2017). Das Thema ist in der Gestalt von B-to-B-Influencern auch im Mittelstand angekommen (W&V 19/2017).

Das prominenteste Beispiel der vergangenen Monate ist jedoch sicherlich Caro Daur, deren viel zitiertes Interview mit dem Manager-Magazin im Sommer für reichlich Diskussionsstoff sorgte. Genauer gesagt, die Fragen, die unbeantwortet stehen blieben: Was verdient ein Influencer mit nur einem Post? Wie kennzeichnet man bezahlte Inhalte transparent und eindeutig? Und wie lässt sich die Werbewirkung eines ­Influencers eigentlich messen: Reichweite, Interak­tion, Markenfit? Eine abschließende Antwort wird es kaum geben. Allein schon, weil das Feld permanent und dynamisch wächst.

Auch unsere Redaktion haben diese ­Fragen intensiv beschäftigt (unter anderem in W&V 29 bis 32/2017). Fest steht nur: Influencermarketing ist eine Gratwanderung, wie etwa die Unilever-Marke Coral erfahren musste. Zwar zeigte sich das Management höchst zufrieden mit den Reaktionen auf ­#coralliebtdeinekleidung, den Spott gab’s über die Socials kostenlos dazu.

Digital begleitet W&V die Diskussion unter dem Motto #echtjetzt. Inzwischen hat unsere geschlossene Facebook-Gruppe „Rettet das Influencer Marketing“ mehr als 1400 Mitglieder. Lust auf einen Austausch zum Thema? Herzlich gern. ccm

Kreativ

Die Welt verspricht wenig Rosiges, in den sozialen Medien erstarken Hassbotschaften. Marken und Werber reagieren mit einer Gegenbewegung und predigen Liebe und gesellschaftliche Verantwortung.

Würde man in Tieren denken, dann hätte 2017 der Flamingo das Einhorn abgelöst. Unzählige Firmen haben ihre Produkte mit dem pinkfarbenen Vogel verziert, angefangen vom Mizellenreiniger (Nivea) bis hin zum Klopapier (unter anderem Netto). Strände und Pools quollen vor schwimmenden Luftmatratzen in Flamingoform über. Hier und da fanden sich auch noch Einhörner, anderswo trappelten bereits Lamas (Jules Mumm).

Es gibt Studien (etwa „Ananas, Flamingo & Co.“ von Yougov), die belegen, dass Trendmotive tatsächlich in hohem Maße verkaufsfördernd wirken; jeder zehnte deutsche Käufer ist sogar bereit, für Trendmotive mehr zu zahlen als für ähnliche Produkte ohne entsprechenden Aufdruck.
Tiere und Früchte befriedigen das Grundbedürfnis der Käufer nach Wohligkeit und heiler Welt. Wenn sonst Negativphänomene wie Donald Trump die Schlagzeilen beherrschen, darf es bei Marken ruhig süßer zugehen. Schöne bunte Welten – Liebe und Vielfalt statt Realität sozusagen – überzeugen die Verbraucher.

Das ist die simple Variante. Der Gegentrend zum Negativen greift nämlich schon wesentlich weiter. Immer mehr Marken setzen auf werthaltige Kommunikation, übernehmen gesellschaftliche Verantwortung, werden politisch und beziehen Stellung. Man denke nur an den G-20-Gipfel, zu dem beispielsweise Fritz-Kola Plakate mit dem Titel „Mensch, wach auf“ aufstellte. Zu sehen waren dort Russlands Präsident Wladimir Putin, der türkische Staatschef Recep Erdoğan und Donald Trump. Anderes Beispiel: die Bundestagswahl im vergangenen September. Der Autovermieter Sixt offerierte via Anzeige einen Umzugstransporter für die Nachbarn eines bekannten AfD-Manns. True Fruits bekannte sich mit einem grünen Smoothie gegen die "Braunen". 

Zahlreiche andere Marken wollen möglichst divers sein, sogar der sonst in der Kosmetikwerbung konservative L’Oréal-Konzern ging 2017 für seine Verhältnisse weit und setzte ein Transgender-Model in der Make-up-Werbung ein. Gemessen in Kreativpreisen, war 2017 das Projekt „Fearless Girl“ das Leuchtturmprojekt. Die Macher postierten die Statue eines kleinen, mutigen Mädchens gegenüber der Stier-Statue an der New Yorker Wall Street. Gesellschaftspolitisch relevante Anliegen zu fördern steht einigen Marken gut zu Gesicht, selbst wenn es manchmal zur Beliebigkeit in der Wahrnehmung des Absenders führen kann. Und es macht sich – darf man auch nicht vergessen – natürlich auch in den sozialen Medien besonders gut. Mehr Love statt Hate, nicht umsonst hat Facebook schon 2016 den Herz-Like-Button eingeführt.

Auch 2018 werden die Kreativen berührende Geschichten erzählen und schöne heile Welten mit Anspruch erfinden. Gott sei Dank, möchte man sagen. Wer will schon nur schnöde Abverkaufs- und Imagewerbung sehen? Welches Symbol 2018 den Flamingo ablöst, steht übrigens noch nicht fest. Das entscheidet sich meist erst im Frühjahr. ds

Weitere Trends:

Digitale Ernüchterung: Die einstmals ungebremste Begeisterung für alles Digitale ist einer neuen Nüchternheit gewichen. Mit P&G-Marketingboss Marc Pritchard ist sie endgültig im Media-Mainstream angekommen. 

Streaming: Die Streaming-Großmächte Amazon und Netflix haben ein weltweites Wettrüsten ausgelöst. Das Rennen um die attraktivsten Serien und Sportereignisse ist voll entbrannt. 

Programmatic in Audio: Die Digitalisierung macht Radio zukunftsfähig. Das bedeutet neue Plattformen, mobile Verbreitung und verbesserte Vermarktungsmöglichkeiten: Programmatic, in Online-Audio Alltagsgeschäft, hält nun auch im UKW-Radio Einzug. 

Sprachassistenten: 2017 war das Jahr, in dem die Sprachsuche den Alltag erobert hat. Immer mehr Menschen sprachen mit Siri oder stellten sich Amazons Echo oder Google Home zu Hause auf. 

Allianzen: Egal, ob Agenturen, Vermarkter oder Unternehmen - in allen Bereichen des Werbegeschäfts schließen sich einst erbitterte Konkurrenten zusammen. Der Boom der Bündnisse wird auch 2018 nicht enden. 

Mehr über diese Trends lesen Sie in der aktuellen Ausgabe der W&V Nr. 1/2018.


W&V Redaktion
Autor: W&V Redaktion

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