Seit Jahresbeginn ist der Aktienkurs bereits um über 40 Prozent gefallen. Als weiteren Grund führte der Streamingdienst steigenden Konkurrenzdruck an sowie die Mehrfachnutzung von Kundenkonten durch das Teilen von Zugangsdaten. Schätzungen zufolge werden rund 100 Millionen Konten doppelt genutzt. Was den Anleger:innen noch weniger gefiel, ist Netflix eigene Prognose, dass sich der Abwärtstrend mit der stärker werdenden Streaming-Konkurrenz sogar noch fortsetzen werde. Für das zweite Quartal erwartet Netflix einen weiteren Rückgang um zwei Millionen.

Werbung wäre eine logische Option

Einer Kantar-Studie zufolge sind die steigenden Lebenshaltungskosten sowie die gleichzeitige Anhebung der Streamingpreise ein weiterer Faktor, durch die viele Menschen gezwungen sind, ihre Streamingabos zu kündigen. Möglicherweise könnten auch die weltweiten Lockerungen der Pandemiemaßnahmen dazu beitragen. Denn nicht nur bei den Abos, auch bei der Nutzungszeit der mobilen App liegen die Streamingdienste nicht mehr an der Pole Position. Hagemeier: "Die großartigen Produktionen sind vielfach ein Genuss, das steht außer Frage. Gleichzeitig sorgen sie aber dafür, dass Netflix und andere Anbieter immer mehr investieren müssen. Im Falle von Netflix wird hier offen proklamiert, dass sich die gesteigerten Produktionskosten in den zunehmenden Abo-Preisen widerspiegeln. Doch nicht alle Kunden sind bereit, diesen Weg mitzugehen."

Um das Wachstum wieder in Gang zu bringen, könnte Netflix in Zukunft sogar an einem seiner größten Tabus rütteln und ein günstigeres Streaming-Abo mit zwischengeschalteten Werbe-Clips einführen. Marktforscher Dominic Sunnebo: "Werbung wäre eine logische Option. Da die Haushalte ihren Gürtel immer enger schnallen, könnten viele Nutzer ein solches Modell begrüßen." 

Streaming-Budget liegt bei rund 20 Euro

Denn in mehreren Studien, wie auch von The Trade Desk aus dem vergangenen Jahr, wird deutlich, dass die Menschen nicht bereit sind, für mehrere Streaming-Abos gleichzeitig zu bezahlen. Insgesamt scheint hier die Grenze des Streaming-Budgets bei rund 20 Euro zu liegen. Mit zwei Abos, beispielsweise für Netflix (12,99 Euro für den Standard-Tarif) und Disney+ (8,99 Euro) ist damit der Rahmen bereits ausgereizt. Gleichzeitig zeigen Untersuchungen, dass die Konsumenten für werbefinanzierte Optionen durchaus Verständnis haben, beziehungsweise diese zum Teil sogar bevorzugen. Diese Präferenz haben Unternehmen wie Disney bereits erkannt und beginnen damit, neue und werbegestützte Optionen zu evaluieren. Netflix beharrt zwar aktuell darauf, dass das keine Optionen für das Unternehmen ist – allerdings mit dem Zusatz von Netflix-CFO Spencer Neumann: "Sag niemals nie."

Netflix muss bei hybrider Finanzierung nachziehen

Bezüglich hybrider Formen der Finanzierung im Streaming-Bereich ist in den USA schon einiges in Bewegung, wie man an Disney+, HBO Max oder Paramount+ und jüngst auch an YouTube, FIFA+ sowie des von Amazon initiierten Freevee-Dienstes sieht. In Deutschland wären hier Joyn oder RTL+ zu nennen. Zudem verzeichnet der AVOD-Bereich (Advertising Video On Demand) beachtliches Wachstum und Anbieter wie Pluto TV, Rakuten TV, Samsung TV Plus oder Zattoo gelingt es, ihre Zuschauerzahlen stetig zu steigern. 

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Copyright: privat
Autor: Marina Rößer

Marina Rößer hat in München Politische Wissenschaften studiert, bevor sie ihre berufliche Laufbahn in einem Start-up begann und 2019 zu W&V stieß. Derzeit schreibt sie freiberuflich von überall aus der Welt, am liebsten in Asien, und interessiert sich besonders für Themen wie Nachhaltigkeit und Diversity.