Gegenüber Spiegel Online begründete Intersnack den höheren Zuckergehalt der Pom-Bär Ofen Minis mit dem abweichenden Herstellungsprozess. Der Lebensmittelkonzern aus Nordrhein-Westfalen wies den Vorwurf zurück, mit dem Produkt vor allem Kinder anzusprechen. Man sei eine Familienmarke, zu der Eltern und Familien greifen sollten.

Foodwatch kritisierte diese Argumentation als absurd: Wenn Eltern und Familien angesprochen würden, schließe das Kinder automatisch mit ein. Zudem seien mit den Comicfiguren auf der Verpackung sowie der Bärenform der Chips eindeutig die Kriterien für Kinderlebensmittel erfüllt. Der diesjährige Windbeutel-Gewinner stehe stellvertretend für den im Supermarkt weitverbreiteten Gesundheitsschwindel und an Kinder gerichtete Junkfood-Werbung, kritisierte Foodwatch.

3 Bears zeigte sich angesichts der Nominierung "schockiert" und "traurig"

Über diese und ein Werbeverbot wird seit rund einem Jahr ohnehin heftigst diskutiert. Der aktuell von Bundesernährungsminister Cem Özdemir vorgelegte Gesetzentwurf zum Schutz von Kindern vor Junkfood-Werbung sei ein wichtiger Schritt für die Kindergesundheit, lobte die Organisation. Während Organisationen wie Foodwatch, aber auch Gesundheitsbündnisse Özdemirs Vorschlag unterstützen, halten Verbände und Lobbyisten aus der Lebensmittel- und Werbebranche dagegen. Der Landwirtschaftsminister hält jedoch weiter an seinem Gesetzesentwurf fest - und will das Verbot nun sogar verschärfen. Doch die geplanten Regelungen würden nur die Werbung für unausgewogene Produkte im TV, Internet, Hörfunk und auf sozialen Medien zu beschränken, die Verpackungsgestaltung wäre davon nicht betroffen.

Auch die anderen Hersteller reagierten bereits zum Zeitpunkt der Nominierungsbekanntgabe - von Rechtfertigungen über den Appell an die Eigenverantwortung von Verbraucher:innen bis hin zu dem, dass man im Falle von 3 Bears "schockiert" und traurig" sei, gerade weil man die Arbeit von Foodwatch unterstütze.

Manche Unternehmen ziehen Konsequenzen aus der Wahl

Foodwatch engagiert sich seit Langem gegen Etikettenschwindel und fordert verbesserte Kennzeichnungsregeln. Obwohl im EU-Lebensmittelrecht allgemein ein Verbot von Täuschung festgeschrieben sei, könnten in der Praxis Hersteller dennoch oft ganz legal mit irreführenden Aussagen für ihre Produkte werben. Dass ausgerechnet unausgewogene Produkte gezielt an Kinder beworben werden, stelle eine besonders perfide Form der Täuschung dar, kritisierte Foodwatch. Seit 2009 und 2023 damit bereits zum zwölften Mal nun verleiht Foodwatch den Goldenen Windbeutel. Bisherige Preisträger waren unter anderem der Trinkjoghurt Actimel von Danone (2009), die Milch-Schnitte von Ferrero (2011) und das "Smart Water" von Coca-Cola (2018). 

Die Wahl ist jedoch mehr als ein öffentliches An-den-Pranger-Stellen, sondern bewirkt auch etwas: 2021 ging der unbegehrte Titel an Rewe für die Hähnchenbrust-Werbelüge. Laut Foodwatch habe sich der Konzern mit fragwürdigen Zertifikaten den Klimakiller Fleisch grün gerechnet. Als Konsequenz stellte das Unternehmen Anfang 2022 die Werbung ein, später sogar für die gesamte Eigenmarken-Palette des Handelskonzerns. Zudem wurden in den vergangenen Jahren einige Windbeutel-Produkte vom Markt genommen, wie etwa ein Früchtetee mit hohem Zuckergehalt von Hipp. Andere haben komplett überarbeitete Rezepturen erhalten, wie die Kindertomatensoße von Zwergenwiese. Auch der Grünländer Käse von Hochland, der Gewinner des Windbeutels 2020, wirbt auf der Verpackung nun nicht mehr mit Tierschutz-Versprechen.

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Autor: Marina Rößer

Marina Rößer hat in München Politische Wissenschaften studiert, bevor sie ihre berufliche Laufbahn in einem Start-up begann und 2019 zu W&V stieß. Derzeit schreibt sie freiberuflich von überall aus der Welt, am liebsten in Asien, und interessiert sich besonders für Themen wie Nachhaltigkeit und Diversity.